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Natur machen: Eine deutsch-deutsche Geschichte der Umweltgestaltung, 1950er bis 1990er Jahre

Antragsteller Dr. Philipp Kröger
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung seit 2025
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 564248805
 
Das Projekt einer deutsch-deutschen Geschichte der Umweltgestaltung führt den Begriff und das Konzept des „Natur Machens“ in die historische Forschung ein. Es identifiziert ein verallgemeinerbares Phänomen in den Praktiken, Techniken und Wissensformationen, die mit unterschiedlichen Begriffen wie Rekultivierung, Landschaftsplanung, Gestaltung der natürlichen Umwelt und Renaturierung belegt wurden. Im Kern, so die Annahme, verweisen sie jedoch auf das ihnen gemeinsame technische Herstellen von Natur als Natur. Die systematische Analyse dieses nur in Einzelaspekten untersuchten Phänomens als Programm industrialisierter Gesellschaften macht – neben dem Verwerten und Bewahren – einen dritten Zugriff auf Natur in der Moderne sichtbar. Darüber will die Studie einen neuen Blick auf die Geschichte gesellschaftlicher Naturverhältnisse im 20. Jahrhundert ermöglichen. Als zeithistorische Studie an der Schnittstelle von Umwelt-, Wissenschafts- und Technikgeschichte untersucht das Projekt unter anderem die 1953 in West- und Ostdeutschland gegründeten staatlichen Institute für Naturschutz und Landschaftspflege sowie das dort produzierte Wissen über Mensch und Natur. Das Projekt bleibt jedoch nicht bei einer Wissens- und Diskursgeschichte stehen, sondern analysiert auch die damit verbundene Praxis, also die tatsächliche Herstellung von Natur. Zentrale Orte der letzteren – und damit zentrale Untersuchungsgegenstände des Projekts – bildeten in beiden deutschen Staaten die devastierten Flächen des Tagebaus. Wie entstanden also aus Kiesgruben Badeseen und Biotope sowie aus den Hinterlassenschaften des Braunkohlenbergbaus ganze Landschaften? Wieso fiel ihre Gestaltung so und nicht anders aus und wie veränderte sich die Gestaltungspraxis im Verlauf der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts? Welches Wissen von Mensch und Natur floss in die Gestaltung der natürlichen Umwelt ein? Das Projekt verfolgt, wie Natur in einen in einen technowissenschaftlichen Planungsgegenstand übersetzt und in politische Rationalitäten integriert wurde. Die Akteure, die in den Blick geraten, berechneten etwa die Erholungsqualitäten von Wäldern oder legten ökologische Wertanalysen vor, die der Gestaltung der natürlichen Umwelt dienten. Dabei entstand, so hieß es in einem DDR-Handbuch, „eine neue, den Bedürfnissen der Menschen entsprechende ‚künstliche Natur‘“. Worin diese Bedürfnisse bestanden, war indes umstritten. Unter jenen der Natur zugeschriebenen Funktionen finden sich sozialtechnische, die auf die Erholung sowie Gesundheit der Bevölkerung und damit auf die Reproduktion ihrer Arbeitskraft zielten, aber auch ökologische wie solche des Artenschutzes. Diskutiert wurde nicht nur, wie Natur zu gestalten war, sondern auch, was sie überhaupt sei. Über die deutsch-deutsche Perspektive und die internationale Einbindung beider Staaten lässt sich das so konturierte Phänomen jenseits divergierender Ideologien als gemeinsamer Problemhorizont und Programm industrialisierter Gesellschaften fassen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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