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(Un-)Doing Crisis Experiences (UnDoExp) – berufliche Identitätskonstruktionen von Mitarbeiter*innen mit eige-nen Krisen- und Behandlungserfahrungen in der psychiatrischen Krankenhausversorgung
Antragsteller
Professor Dr. Sebastian von Peter; Dr. Sven Speerforck
Fachliche Zuordnung
Public Health, Gesundheitsbezogene Versorgungsforschung, Sozial- und Arbeitsmedizin
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 566104015
Es gibt kaum Arbeiten, die die Identitätskonstruktion von Mitarbeiter*innen psychiatrischer Einrichtungen mit eigenen Krisen- und Behandlungserfahrungen (= EKB) untersuchen. Wie genau Mitarbeiter*innen mit EKB ihre Identitäten im Verhältnis zu den sozialen und institutionellen Kontexten der psychiatrischen Versorgung herausbilden ist nicht klar. Die wenigen Arbeiten und auch einige eigene Vorarbeiten zu diesem Thema machen deutlich, dass diese Konstruktionsprozesse mit vielen Ambivalenzen und Widersprüchen verbunden sind: Mitarbeitende halten ihre EKB zwar für bedeutsam, legen sie aber vor allem vertrauten Kolleg*innen und Vorgesetzten gegenüber offen. Selbst wenn sie stark betroffen sind, grenzen sie sich stark von der Gruppe der Patient*innen und anderen Kolleg*innen mit EKB ab und zeigen sich gegenüber Stigma resistent. Aufbauend auf diesen Vorarbeiten zielt das Projekt auf eine vertiefende Untersuchung der Identitätskonstruktionen von Mitarbeiter*innen mit EKB in unterschiedlichen Settings der psychiatrischen Versorgung. Dabei orientiert es sich theoretisch-konzeptionell an den sozialwissenschaftlichen Konzepten der "doing identity" und "community of practice", mit dem Ziel, auch die interaktionalen und kontextuellen Abhängigkeiten dieser Konstruktionsprozesse erfassen zu können. Im Zentrum der unterschiedlichen Arbeitspakte stehen nicht nur narrative Konstruktionen von beruflichen Identitäten dieser Gruppe von Mitarbeitenden, sondern auch ihre situierte Herausbildung und Aktualisierung in Anpassung und Abgrenzung mit und zu verkörperten Gemeinschaftspraktiken, kollektiven und sozialen Identitäten, institutionellen Regeln und stillschweigenden Übereinkünften, sowie institutionell-materiellen Kontextbedingungen und Einflussfaktoren. Dabei liegt der Fokus auf dem Umgang mit EKB im psychiatrischen Versorgungsalltag, wobei aber auch Umgangsweisen während der Ausbildung oder dem Berufseinstieg thematisiert werden. Dadurch soll das Projekt einen Beitrag dazu leisten, die Arbeitssituation von Mitarbeiter*innen, mit und ohne EKB, in psychiatrischen und psychosozialen Arbeitssituationen zu verbessern. Zweitens soll die Versorgungssituation von Patient*innen aus diesen Kontexten verbessert werden, indem das Projekt Informationen darüber liefert, in welche (anderen) Formen der Beziehung Mitarbeiter*innen und Patient*innen miteinander treten (können). Drittens wird das Projekt Erkenntnisse über das institutionelle Gefüge der psychiatrischen Krankenhausversorgung liefern, also darüber, wie und nach welchen Regeln diese Institution funktioniert. Und schließlich wird von einer Bearbeitung des Themas ein gesellschaftlicher Nutzen erwartet: psychische Krisen nehmen weltweit zu und Betroffene sind weiterhin hoch stigmatisiert. Wie psychiatrische Fachkräfte und ihre Arbeitgeber mit EKB umgehen, ist in von zentraler Bedeutung, auch weil psychiatrische Institutionen diesbezüglich eine Modellfunktion innehaben.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
