Detailseite
Projekt Druckansicht

Die Chronik des Johannes Malalas und ein obskurer Palimpsest: Edition und Interpretation der Fragmenta Tusculana (Codex Cryptoferratensis gr. 54, 62r–69v)

Antragsteller Dr. Fabian Schulz
Fachliche Zuordnung Griechische und Lateinische Philologie
Alte Geschichte
Förderung Förderung seit 2025
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 566254727
 
Die Weltchronik des Johannes Malalas (6. Jh.) genießt als Quelle keinen guten Ruf, weil sie viele Eigenheiten und Fehler enthält. Zum Teil scheint dies aber nicht dem Chronisten anzulasten, sondern eine Folge der Überlieferung zu sein. Der Standard-Text der Chronik basiert nämlich auf einer einzigen Handschrift, die eine offenbar gekürzte Fassung bietet. Die Langfassung lässt sich besonders in den sogenannten Fragmenta Tusculana greifen, die Mitte des 19. Jh. von Angelo Mai in einem Palimpsest entdeckt wurden.´Über den genauen Wert der Tuskulanischen Fragmente, die sich auf acht Blätter (jeweils mit Vorder- und Rückseite) verteilen, ist sich die Forschung jedoch uneins. Das liegt daran, dass die Fragmente nicht nur ausführlichere Angaben, sondern auch Fehler enthalten. Ich bin überzeugt, dass sich manche Bedenken auflösen, wenn man einen neuen Blick in den Palimpsest wirft. Leider wurde die Handschrift durch die Entzifferungsmethoden des 19. Jh. stark beschädigt und ist seitdem schwer zu lesen. Im Jahr 2014 habe ich mir ein Blatt vorgenommen und es neu entziffert und interpretiert. Dabei hat sich gezeigt, dass Angelo Mais editio princeps (1839) in vielen Punkten zu korrigieren und das Verhältnis zur Haupthandschrift (und zum Chronicon Paschale) anders zu bewerten ist. Zudem konnte ich eine Stelle, die für die kirchenpolitische Verortung der Chronik (oder ihrer Quellen) wichtige Aufschlüsse enthält, neu interpretieren. Auf diese Vorarbeiten möchte ich mit einem neuen DFG-Projekt aufbauen, das folgende Ziele verfolgt: In Kollaboration mit dem Hamburger „Centre for the Study of Manuscript Cultures“ sollen neue multispektrale (und vielleicht hyperspektrale) Fotografien des Palimpsests erstellt und digital bearbeitetet werden, damit sich die Unterschrift besser abzeichnet. Auf dieser Grundlage soll eine neue kritische Edition der Fragmenta Tusculana erstellt werden. Erstmals sollen auch die textreichen Marginalia entziffert werden und ferner geprüft werden, ob es sich um Glossen zum Malalas-Text handelt. Schließlich soll der Palimpsest auf Illuminationen untersucht werden. Auf Grundlage der neuen Edition sollen die Fragmente neu analysiert und interpretiert werden, sowohl philologisch als auch historisch. Das ist notwendig, weil es in beiden Bereichen viele offene Fragen gibt: z.B. in welchem Verhältnis die Fragmenta Tusculana zur Haupthandschrift und zur Nebenüberlieferung stehen oder welchen historischen und kirchenpolitischen Tenor sie haben. Die neue Ausgabe, bestehend aus Edition, Kommentar und Übersetzung, soll ein Standardwerk werden – nicht nur für Malalas-Forscher, sondern auch für die Forschung zu den Quellen, die Malalas in den betreffenden Abschnitten verwendet hat, und zu den zahlreichen Autoren und Werken, die die Chronik in ihrer Urfassung rezipiert haben. Langfristig soll die Edition der Fragmente einen Grundstein für eine mögliche Neuedition der Chronik des Malalas legen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung