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"Die Araber" im Diskurs türkischer Intellektueller des späten 20. Jahrhunderts: Nationales Selbstbild, ethnische Abgrenzung und die Rolle des Islams

Antragsteller Dr. Benedikt Römer
Fachliche Zuordnung Islamwissenschaft, Arabistik, Semitistik
Förderung Förderung seit 2025
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 567026138
 
In der Türkei der Gegenwart hat sich anti-Arabischer Hass zu einem weitverbreiteten Phänomen entwickelt. Am deutlichsten beobachten lassen sich derartige Stimmungen in wiederholten Ausschreitungen gegen von syrischen Geflüchteten geführten Läden sowie Berichte über die Belästigung arabischsprechender Menschen im öffentlichen Raum. In ihrer Analyse des aktuell aufflammenden anti-Arabismus verweist die akademische Literatur auf das angeblich fortwirkende Erbe der türkisch-arabischen Spannungen im spätosmanischen Reich. Es fehlt jedoch an wissenschaftlicher Literatur, die die Wahrnehmung „der Araber“ im türkisch nationalistischen Diskurs über das 20. Jahrhundert hinweg zurückverfolgt. Das vorliegende Projekt versucht durch die Analyse eines großen Korpus türkischsprachiger Quellen aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts einen Beitrag zur Schließung dieser Forschungslücke zu leisten. Türkische Intellektuelle unterschiedlicher politischer Prägung zeigten insbesondere in den 1960er und 1970er Jahren ein großes Interesse an Entwicklungen in der Arabischen Welt und publizierten Reiseberichte, historiographische Werke, politische Kommentare sowie persönliche Memoiren mit Bezug zur Region. Konkret bearbeitet das vorliegende Projekt die genannten Quellen durch den Blickwinkel zweier Forschungsfragen. Zum einen fragt das Projekt nach der Rolle der islamischen Religion als womöglich bindendes Element zwischen Arabern und Türken. Durch die Analyse der Primärquellen soll erörtert werden, ob unterschiedliche Visionen des Islams positiv oder negativ mit der Darstellung und Wahrnehmung der Araber korrelierten. Zweitens erforscht das Projekt inwiefern die Bezugnahme auf die gemeinsame osmanische Vergangenheit der Türkei und vieler arabischer Länder auf derartige Wahrnehmung Einfluss nahm. Während die bestehende Literatur überwiegend das negative Erbe der spätosmanischen Ära betont, diente die osmanische Vergangenheit von Arabern und Türken auch als positive Inspirationsquelle für kooperative Beziehungen zwischen der Türkei und arabischen Staaten im späten 20. Jahrhundert. Abschließend zielt das Projekt darauf ab, bestehende konzeptionelle Werkzeuge zur Analyse der Darstellung der Araber im türkischen Nationaldiskurs kritisch zu überdenken, um zu einer differenzierteren Perspektive zu gelangen. Das vorliegende Projekt leistet somit einen Beitrag zu verschiedenen Forschungsfeldern, die neben der modernen Geistesgeschichte der Türkei auch den Bereich der türkisch-arabischen Beziehungen sowie Studien zur Genese rassistischer Denkmuster in einem „nicht-westlichen“ Kontext umschließt.
DFG-Verfahren WBP Stipendium
Internationaler Bezug Großbritannien
 
 

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