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Beschränkungen und Vorteile von Beinamputationen zur Bekämpfung von Wundinfektionen bei Ameisen
Antragsteller
Privatdozent Dr. Erik Frank
Fachliche Zuordnung
Biologie des Verhaltens und der Sinne
Ökologie und Biodiversität der Tiere und Ökosysteme, Organismische Interaktionen
Ökologie und Biodiversität der Tiere und Ökosysteme, Organismische Interaktionen
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 567282475
Die altruistische Fürsorge für verletzte Individuen, die seit Langem aus menschlichen Gesellschaften bekannt ist, wurde zunehmend auch bei anderen Tieren – von Primaten bis hin zu Mäusen – dokumentiert. Soziale Insekten zeigen dabei ein besonders breites Spektrum an Verhaltensweisen zur Behandlung von Verletzungen und Krankheiten, die unter dem Begriff „soziale Immunität“ zusammengefasst werden. Neben gut untersuchten Strategien des Krankheitsmanagements (z. B. Allogrooming, Beseitigung von Leichen) belegen neuere Studien, dass Ameisen auch offene Wunden durch Belecken oder das Auftragen von Drüsensekreten behandeln. Bemerkenswerterweise amputieren einige Arten sogar Gliedmaßen verletzter Nestgenossen, um die Ausbreitung von Krankheitserregern zu verhindern. Trotz wiederholter Beobachtungen unter Laborbedingungen ist bislang kaum erforscht, in welchem Maße Ameisen Amputationen antimikrobiellen Sekreten vorziehen und welche evolutionären Faktoren diese Entscheidungen beeinflussen. Das vorliegende Projekt soll diese Wissenslücken schließen, indem es Beinamputationen und antimikrobielle Wundversorgung bei verschiedenen Ameisengattungen mit unterschiedlicher Ökologie, Morphologie und sozialer Organisation systematisch untersucht. Erstens werden wir in Spanien das Wundbehandlungsverhalten von Camponotus cruentatus unter Freilandbedingungen analysieren (Ziel 1), um die verhaltens- und erregerbezogenen Faktoren zu identifizieren, die das Amputationsverhalten fördern oder einschränken. Zweitens werden wir bei Blattschneiderameisen der Gattung Atta sexdens in Argentinien (Ziel 2) die Rolle der metapleuralen Drüsensekrete im Vergleich zu Amputationen untersuchen und die zugrunde liegenden adaptiven Kompromisse zwischen diesen Wundversorgungsstrategien erfassen. Drittens wird eine vergleichende Studie an zehn weiteren deutschen Ameisenarten klären, welche morphologischen Merkmale Amputationen begünstigen oder verhindern (Ziel 3). Durch diesen interdisziplinären Ansatz, der Methoden aus Verhaltensökologie, chemischer Ökologie und Mikrobiologie kombiniert, werden wir nicht nur die Vorteile, Kosten und physiologischen Grenzen von Amputationen als Wundversorgungsstrategie beleuchten, sondern auch nachvollziehen, wie unterschiedliche evolutionäre Einflüsse diese bemerkenswerten „medizinischen“ Interventionen bei Ameisen hervorgebracht haben. Die Ergebnisse vertiefen damit unser Verständnis der Plastizität sozialer Immunität und geben zugleich Einblicke in grundlegende evolutionäre Mechanismen, die altruistisches Pflegverhalten in Tiergemeinschaften formen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
