Detailseite
Polizeiliche Regulierung von Zugehörigkeit: Polizei, Protest und Änderungsgesetz zur indischen Staatsbürgerschaft, 2019
Antragsteller
Dr. Deep Chand
Fachliche Zuordnung
Kriminologie
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 568847880
Die Polizei in Südasien hat in der Geschichte zumeist als repressives Instrument der Staatsmacht fungiert und nicht als Beschützerin der Bürgerrechte (Subramanian, 2009). Doch wie hat sich das auf Fragen der Staatsbürgerschaft und der Zugehörigkeit ausgewirkt? Das vorgeschlagene Projekt will diesen Fragen nachgehen und darüber hinaus das Verständnis davon, wie Zugehörigkeit durch die Polizeiarbeit beeinflusst wird und welche Rolle der Polizei in Südasien zukommt, am Beispiel des indischen Citizenship Amendment Act 2019 (CAA) vertiefen. Dieses Gesetz gewährt „illegalen Migranten“ aus Pakistan, Afghanistan und Bangladesch, die vor Ende Dezember 2014 aufgrund von „religiöser Verfolgung“ nach Indien gekommen sind, die Staatsbürgerschaft, wenn sie einer nicht-muslimischen religiösen Gemeinschaft angehören (Hindus, Sikhs, Buddhisten, Jains, Parsen und Christen); Muslimen aus diesen Ländern wird die Staatsbürgerschaft dagegen nicht gewährt. Gegen diese Regelung kam es in ganz Indien zu verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten zu massiven sozialen Protesten, weil das Gesetz das Zugehörigkeitsgefühl der indischen Muslime zutiefst erschütterte. Die Polizei hat mit Gewalt auf die Proteste reagiert und die „abweichende Stimme“ der Demonstrierenden unterdrückt, was deren Zugehörigkeitsgefühl weiter untergraben hat. Das Projekt geht dem nach und versucht zu verstehen, wie die Reaktion der Polizei den Konflikt zwischen Polizei/Staat und Demonstrierenden über politische und juridische Rechte eskaliert bzw. deeskaliert und wie die Erfahrung von Polizeigewalt das Zugehörigkeitsgefühl der Anti-CAA-Demonstranten untergräbt. Es wird die Polizeiarbeit als wichtigen Mittler von Zugehörigkeit und Staatsbürgerschaft für die Gruppe der Anti-CAA-Demonstrierenden untersuchen, die ein „Repertoire des Widerstands“ (Tilly & Tarrow, 2015) einsetzten, um ihren Widerstand gegen den Staat/die Polizei auszudrücken. Im Rahmen des Projekts werden auch die beteiligten Polizeibeamten befragt, um zu untersuchen, wie der Umgang der Polizei mit den Protesten die eigene Wahrnehmung ihrer Rolle in der Gesellschaft verändert hat und welche Auswirkungen dies auf ihr Verständnis von Zugehörigkeit hatte. Auf der Grundlage dieser situierten Analyse des polizeilichen Umgangs mit den Protesten wird das Projekt theoretisch und praktisch der Frage nachgehen, wie die Polizeiarbeit aussehen müsste, um das Zugehörigkeitsgefühl zu stärken. Die übergeordneten Ziele des Projekts bestehen darin, ein konzeptionelles, empirisches und praktisches Verständnis dafür zu entwickeln, wie Polizei und polizeiliche Maßnahmen das Zugehörigkeitsgefühl und die soziale Integration in der Gesellschaft stärken können, indem sie die Menschenrechte der Bürger anerkennen und die demokratische Regierungsführung stärken, und wie sie umgekehrt das Zugehörigkeitsgefühl und die soziale Integration schwächen können, indem sie die demokratischen Rechte der Bürger und die zivile Beteiligung am Protest ablehnen.
DFG-Verfahren
WBP Stipendium
Internationaler Bezug
Großbritannien
Gastgeber
Professor Ian Loader, Ph.D.
