Detailseite
Konjugative Pili gestalten räumliche und funktionelle Differenzierung in multizellulären bakteriellen Biofilmen
Antragsteller
Professor Dr. Marc Erhardt
Fachliche Zuordnung
Stoffwechselphysiologie, Biochemie und Genetik der Mikroorganismen
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 568998182
Dieses Projekt soll untersuchen, wie Konjugation über F-Pili bakterielle Biofilme von einfachen Zellansammlungen in räumlich organisierte, funktional vernetzte Gemeinschaften verwandelt. Während Konjugation traditionell als Mechanismus für den horizontalen Gentransfer betrachtet wurde, wird sie zunehmend als ein Prozess erkannt, der tiefgreifende Auswirkungen auf mikrobielle Ökologie, Evolution und Gemeinschaftsstruktur hat. Wir schlagen vor, dass konjugative Pili weit mehr leisten als nur den Transfer genetischen Materials: Sie fungieren als mechanische und entwicklungsbiologische Werkzeuge, die die Architektur von Biofilmen physisch umgestalten, das Verhalten einzelner Zellen modulieren und kollektive emergente Eigenschaften hervorbringen. Unsere zentrale Hypothese lautet, dass F-Pilus-vermittelte Konjugation eine Form von Multizellularität in Biofilmen antreibt, indem sie horizontalen Gentransfer mit räumlicher Umstrukturierung und phänotypischer Differenzierung koppelt. Auf diese Weise können Plasmid-tragende (F⁺) und plasmidfreie (F⁻) Zellen spontan spezialisierte Rollen einnehmen, was zu Arbeitsteilung, struktureller Heterogenität und erhöhter Widerstandsfähigkeit auf Gemeinschaftsebene führt. Diese Prozesse spiegeln grundlegende Prinzipien der Kopplung von Form und Funktion in multizellulären Systemen wider und legen nahe, dass Konjugation eine bislang unterschätzte Rolle in der Evolution kooperativen Verhaltens und funktioneller Integration bei Bakterien spielt. Zur Überprüfung dieser Hypothese verfolgen wir einen multidisziplinären Ansatz, der Genetik, Mikrofluidik, hochauflösende 3D time-lapse Mikroskopie und fortgeschrittene Bildanalyse kombiniert. Dadurch können wir Konjugationsdynamiken in Raum und Zeit verfolgen, ihre Auswirkungen auf Biofilmarchitektur und Dispersal quantifizieren und das Entstehen kollektiver Eigenschaften wie Antibiotikatoleranz, metabolische Kooperation und Stressresistenz untersuchen. Indem wir Konjugation nicht nur als genetischen Austausch, sondern als architektonischen und ökologischen Mechanismus betrachten, wollen wir aufzeigen, wie bakterielle Gemeinschaften emergente Funktionen koordinieren und sich als kollektive Systeme weiterentwickeln. Dieser integrierte Rahmen soll allgemeine Prinzipien sichtbar machen, nach denen mikrobielle Gemeinschaften den Übergang von Einzeller-Verbänden zu räumlich strukturierten, funktional vernetzten Systemen vollziehen.
DFG-Verfahren
Schwerpunktprogramme
