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Frühe Konsumgesellschaft und die ‚Sorge um sich selbst‘. Die Verbreitung außereuropä-ischer Heilmittel im kontinentaleuropäischen Binnenland, 1750-1850
Antragstellerin
Professorin Dr. Christine Fertig
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Frühneuzeitliche Geschichte
Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 569036551
Das Projekt untersucht den lokalen Handel mit globalen Heilmitteln in drei mittel- und norddeutschen Regionen von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Es erforscht die Verbreitung außereuropäischer Heilmittel in kleinstädtischen und ländlichen Räumen, jenseits von wichtigen Handelsplätzen und großen Städten. Als Heilmittel werden hier Substanzen verstanden, die im zeitgenössischen Diskurs wie gelehrten Schriften, Enzyklopädien und Handbüchern als solche wahrgenommen und als Heilmittel konsumiert wurden. In diesem Projekt werden Heilmittel untersucht, die in größeren Mengen importiert wurden und in den zeitgenössischen Diskursen präsent waren, wie die südamerikanische Wurzeln der Sassaparille und der Jallapa, die aus Peru stammende Chinarinde, und die chinesische Rhabarberwurzel. Auch Genussmittel wie Kaffee, Tee oder Tabak wurden zunächst als Heilmittel gesehen und waren als solche hoch umstritten. Während Kaffee und Tabak im kontinentaleuropäischen Raum früh als Genussmittel konsumiert wurden, wurde chinesischer Tee noch länger als Heilmittel wahrgenommen und vertrieben. Das Projekt untersucht den lokalen Handel mit außereuropäischen Heilmitteln aus drei Perspektiven. Es verfolgt erstens, wie außereuropäische Heilmittel in Apotheken, aber auch in Materialwarenhandlungen und durch Krämer, Kaufleute und Ärzte vertrieben wurden. Zweitens wird untersucht, wie für die neuen Heilmittel in Periodika wie Intelligenzblättern, die sich an ein breites Publikum wandten, geworben wurde, wie über sie berichtet wurde und eine neue Sprache des Konsums entstand. Drittens werden ländliche und kleinstädtische adelige Haushalte als diejenigen Orte in den Blick genommen, in denen im Rahmen einer neuen Sorge um das Selbst neue Heilmittel nachgefragt und konsumiert wurden. Damit geht das Projekt deutlich über bisherige Studien zu Deutschland hinaus, die sich zum einen auf einige wenige, schnell auch als Genussmittel etablierte Heilmittel fokussieren. Zum anderen wurde der Handel mit Kolonial- und anderen globalen Waren bisher fast ausschließlich für größere Städte, Höfe und Residenzen untersucht, während es für ihre Verbreitung im ländlichen Raum und in Kleinstädten, in denen der Großteil der Bevölkerung lebte, bisher kaum Studien gibt. Das Projekt geht über bisherige Forschungen hinaus, indem es einen integrierten multiperspektivischen Ansatz verfolgt, der sich sowohl auf Einzelhändler und ihre Verkaufsstrategien als auch auf Konsument:innen, ihr Einkaufsverhalten und ihre Selbstfürsorge konzentriert.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
