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Den eigenen Körper neu erfahren. Körperarbeit in feministischen Antigewalt-, Präventions- und Therapieansätzen der 1970er bis 1990er Jahre

Antragstellerin Professorin Dr. Karen Nolte
Fachliche Zuordnung Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung seit 2025
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 569490228
 
Mit einer historisch-praxeologischen Analyse feministischer Körperarbeit soll zu der bislang wenig untersuchten somatischen Dimension des psychosozialen Felds der 1970er bis 1990er Jahre in der Bundesrepublik beigetragen werden. Die in der bisherigen historischen Forschung geläufige These der Individualisierung und Entpolitisierung durch die links-alternative Psycho-Kultur wird aus einer geschlechter-, queerhistorischen und intersektionalen Perspektive reflektiert. Am Beispiel der Entstehung und Entwicklung feministischer Essstörungstherapie und Wendo zur Gewaltprävention werden die Praxis, Kontexte und gesellschaftliche Bedeutung feministischer Körperarbeit untersucht, um diese als transformatives Momentum der Geschlechtergeschichte auszuloten. Mit Wendo lernten Frauen, sich selbst zu behaupten und sich notfalls gegen Gewalt zu schützen, während in der Essstörungstherapie an einer Veränderung des Verhältnisses zum eigenen Körper gearbeitet wurde. In beiden Feldern wurde die Verfügbarkeit des weiblichen Körpers als Ausdruck gesellschaftlicher Gewaltverhältnisse problematisiert und aktiv das traditionelle weibliche Körperbild dekonstruiert, indem an der Körperwahrnehmung und -sprache gearbeitet wurde. Ziel war es, Frauen in der Wahrnehmung ihres eigenen Körpers von normativen Zuschreibungen zu befreien und damit präventiv gegen „Männergewalt“ und deren psychische Folgen zu wirken. Beide Felder feministischer Arbeit am Körper bewegten sich – so die Ausgangsthese dieses Forschungsvorhabens ¬– im Spannungsfeld von Politisierung der Frauen gegen die Zumutungen einer patriarchalen Gesellschaft und der individualisierten Arbeit am eigenen Körper und Selbst. Gleichwohl lassen sich in beiden Untersuchungsbereichen spezifische Ansatzpunkte feministischen Handelns herausarbeiten: Die Behandlung von Essstörungen avancierte in den 1980er Jahren zu einem zentralen Kompetenzgebiet feministischer Therapie, während Wendo im selben Zeitraum zu einem feministischen Präventionsangebot weiterentwickelt wurde, das an die Konzepte feministischer Therapie anschloss. In der Zusammenschau erlauben die beiden Untersuchungsbereiche einen facettenreichen Zugriff auf feministische Körperarbeit. Ziel dieses Forschungsprojektes ist es, die bisherige Körpergeschichte der Therapeutisierung mit einem intersektionalen, gender- und queerhistorischen Ansatz einerseits und durch eine mikrohistorische Vorgehensweise andererseits zu differenzieren.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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