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Die genetische Basis der Spinnorgane: Zur Evolution komplexer Merkmale bei Spinnen
Antragsteller
Dr. Marco Meyer
Fachliche Zuordnung
Evolutionäre Zell- und Entwicklungsbiologie der Tiere
Entwicklungsbiologie
Entwicklungsbiologie
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 569927611
Der Seidenspinnapparat cribellater Spinnen stellt eine bemerkenswerte evolutionäre Schlüsselinnovation dar, die eine zentrale Rolle in der frühen Diversifizierung der Spinnen spielte. Im Gegensatz zu den meisten heute lebenden Spinnen, die viskose Klebefäden nutzen, produzieren cribellate Spinnen trockene Fangfäden mithilfe eines komplexen Spinnsystems, das sich über mehrere Körperteile erstreckt. Das Cribellum, eine spezialisierte Spinnplatte am Hinterleib der Spinne, produziert durch tausende Spinndrüsen adhäsive Nanofasern. Diese Nanofasern werden dann vom Calamistrum, einem Kamm aus modifizierten Borsten am vierten Beinpaar, zu Fangfäden verarbeitet. Cribellum und Calamistrum sind dabei nicht nur funktionell aufeinander abgestimmt, sondern auch in ihrer Morphologie und Entwicklung verknüpft. Beide Strukturen treten erstmals im dritten Instadium auf und wachsen in der weiteren Entwicklung aufeinander abgestimmt. Mit der finalen Häutung verlieren Männchen sowohl das Cribellum als auch das Calamistrium, während die Weibchen die Merkmale für den Netzbau beibehalten. Der cribellate Spinnapparat repräsentiert die ursprüngliche Form der Seidenproduktion der “echten Werbspinnen” (Araneomorphae) und bietet ein ideales Modellsystem zur Untersuchung evolutionärer Dynamik komplexer Morphologischer Merkmale. Trotz seiner Rolle in der frühen Diversifizierung der Spinnen wurde der cribellate Spinnapparat mehrfach unabhängig voneinander verloren, oft in Verbindung mit ökologischen Anpassungen und dem Aufkommen alternativer Seidenspinnstrategien. Bemerkenswert ist, dass Calamistrum und Cribellum stets gemeinsam verloren gehen und nicht isolierte Strukturen bestehen bleiben. Diese koordinierte Entwicklung und der parallele Verlust sowohl im Laufe der Evolution al auch innerhalb eines einzelnen Lebenszyklus deuten auf eine gemeinsame genetische Basis hin. Die Untersuchung dieser genetischen Basis ist entscheidend, um zu verstehen, wie komplexe morphologische Strukturen enstehen, reguliert werden und verloren gehen. In diesem Projekt werde ich mittels RNA-Seq Analysen differentiell exprimierte Gene im Cribellum, sowie dem vierten (calamistrumtragend) und dritten (nicht-calamistrumtragend) Beinpaares untersuchen. Die Proben werden aus vier Entwicklungsstufen, sowie aus adulten Männchen und Weibchen gewonnen. Ziel ist es, Kandidatengene für die genetische Basis des CTC zu identifizieren und deren Regulation zu analysieren. Anschließend werde ich diese Kandidatengene in einem breiten phylogenetischen Vergleich betrachten, um ihre Entwicklung und mögliche konservierte regulatorische Mechanismen zu identifizieren. Dieses Projekt liefert nicht nur neue Erkenntnisse über die genetische Grundlage der Spinnenseidenproduktion, sondern trägt auch zum Verständnis bei, wie komplexe morphologische Strukturen entstehen, erhalten bleiben und im Laufe der Evolution verloren gehen. Es wird wertvolle Einblicke in die Prinzipien der Evolutionsbiologie und Genomik liefern.
DFG-Verfahren
WBP Stipendium
Internationaler Bezug
Großbritannien
Gastgeberin
Dr. Joana Isabel Meier
