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Algorithmen zur kollektiven Entscheidungsfindung bei der Wahrnehmung von Bedrohungen im Zebrabärbling
Antragstellerin
Dr. Margherita Zaupa
Fachliche Zuordnung
Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 574832510
Wie stark beeinflussen unsere Artgenossen unsere Entscheidungen? Wie integrieren Tiere ihre eigenen sensorischen Erfahrungen mit Informationen von Artgenossen, um die optimale Verhaltensstrategie zu wählen? Dies sind Fragen, die in den Verhaltensneurowissenschaften seit langem diskutiert werden. Tiere in einem Kollektiv treffen schnellere und genauere Entscheidungen, da sich die Individuen einer Gruppe nicht nur auf ihre eigene Wahrnehmung, sondern auch auf das Verhalten ihrer Nachbarn verlassen. Ein herausragendes Beispiel für koordinierte Verhaltensentscheidungen ist die kollektive Reaktion auf die Bedrohung durch ein Raubtier: Tiere in Gruppen sind dank des Informationsaustauschs zwischen den Individuen effizienter bei der Erkennung und Flucht vor Raubtieren. Allerdings ist es schwierig zu unterscheiden, ob ein einzelnes Tier direkt oder indirekt über Artgenossen auf die Bedrohung reagiert. Die komplexe und wechselseitige Natur der Interaktionen zwischen Individuen macht es schwierig, die genauen Algorithmen der kollektiven Entscheidungsfindung zu entschlüsseln. Um dieses Problem anzugehen, ist es von entscheidender Bedeutung, die Kontrolle über das Verhalten einzelner Individuen innerhalb der Gruppe zu erlangen und kausale Experimente unter überwachten Bedingungen durchzuführen. Bislang wurden solche Ansätze jedoch weitgehend durch technische Herausforderungen behindert, da das Nervensystem vieler Tierarten, die in der Forschung zum kollektiven Verhalten häufig untersucht werden, nur begrenzt zugänglich ist. Der Zebrabärbling ist allerdings ein Modellorganismus, der sich für diesen Zweck hervorragend eignet, da er sich genetisch und verhaltensmäßig manipulieren lässt, was bei Wirbeltieren mit sozialem Verhalten bisher einmalig ist. Daher werde ich die kollektive Fluchtreaktion junger Zebrabärblinge auf ein Raubtier als Paradigma nutzen, um zu untersuchen, wie Tiere potenziell widersprüchliche Umwelt- und Sozialinformationen integrieren und die Regeln für kollektive Entscheidungen entschlüsseln. Ich werde virtuelle Realität nutzen, um die sensorischen Erfahrungen der einzelnen Tiere von denen ihrer Artgenossen zu entkoppeln und um die Strategien zu definieren, die sie einsetzen, um widersprüchliche Bedrohungs- und Sozialhinweise zu verarbeiten. Auf der Grundlage der gewonnenen Ergebnisse werde ich agentenbasierte Verhaltensmodelle für kollektive Entscheidungsfindung erstellen. Anschließend werde ich neuartige Methoden entwickeln, um durch optogenetische Manipulationen direkte Kontrolle über das Verhalten einzelner Tiere in echten Gruppen zu erlangen. Ich werde diese beispiellose Kontrolle nutzen, um kausale, hypothesengesteuerte Experimente durchzuführen, um die theoretischen Modelle zu testen und zu verfeinern. Dieser hochinnovative Ansatz und die angewandte Methodik werden entscheidend dazu beitragen, unser Wissen über kollektive Entscheidungsfindung erheblich zu erweitern und ein dringend benötigtes kausales Verständnis zu erlangen.
DFG-Verfahren
WBP Stelle
