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Einfluss des Stresshormons Cortisol auf zentrale und periphere Korrelate der Furchtkonditionierung unter Beachtung von Geschlecht und Kontingenzbewusstheit

Fachliche Zuordnung Persönlichkeitspsychologie, Klinische und Medizinische Psychologie, Methoden
Förderung Förderung von 2007 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 57709839
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Furchtkonditionierung stellt ein bedeutsames Modell für emotionale Lernprozesse dar, das die Entstehung verschiedener psychischer Störungen erklären kann. Kontingenzbewusstheit, d.h. die explizite Kenntnis des Zusammenhangs zwischen konditionierten (CS) und unkonditionierten Stimuli (UCS), ist ein wichtiger Faktor, der das Auftreten von konditionierten Reaktionen (CR) modulieren kann. In diesem DFG-Projekt wurde erstmalig untersucht, ob sich drei Gruppen mit unterschiedlicher Kontingenzbewusstheit in elektrodermalen und neuronalen CR unterscheiden: eine Gruppe, die keinen Zusammenhang zwischen CS und UCS berichten konnte (unaware), eine Gruppe, die trotz Distraktoren die CS-UCS Kontingenz erkannte (learned aware) sowie eine Gruppe, die von Anfang an wusste, welcher CS den UCS ankündigt (instructed aware). Es bildete sich eine konditionierte elektrodermale Aktivität (EDA) nur bei vorhandener Kontingenzbewusstheit heraus (d.h. learned und instructed aware). In Bezug auf die neuronale Aktivität hatte beispielsweise die learned aware Gruppe eine höhere CR im Hippocampus als die instructed aware Gruppe. Weiterhin wies auch die unaware Gruppe eine CS+/CS-Differenzierung in Furcht relevanten Strukturen wie der Amygdala auf, obwohl dieses Furchtlernen in der EDA nicht nachweisbar war. Somit ist festzuhalten, dass das Vorhandensein und die Art des Erwerbs von Kontingenzbewusstheit, eine entscheidende Rolle beim Furchterwerb spielen, allerdings in Abhängigkeit von dem untersuchten Maß. Daneben zeigten Tierstudien, dass Stresshormone emotionale Lernprozesse wie die Furchtkonditionierung geschlechtsspezifisch beeinflussen können. Allerdings wurde im Humanbereich das Augenmerk bisher nicht ausreichend auf ein mögliches Zusammenspiel von Stress- und Sexualhormonen gelegt. In dem vorliegenden DFG-Projekt führte die exogene Gabe (30mg) des Stresshormons Cortisol zu geschlechtsspezifischen Veränderungen in der neuronalen Aktivität, jedoch in Abhängigkeit von Kontingenzbewusstheit. In einer reinen unaware Gruppe wurde nachgewiesen, dass die CR in verschiedenen Strukturen bei Männern durch Cortisol vermindert, bei Frauen jedoch verstärkt wurden. In einer weiteren Publikation konnte ebenfalls nachgewiesen werden, dass Cortisol das Furchtlernen bei learned aware Frauen in der Einnahmephase ihrer oralen Kontrazeptiva (OC) steigerte. In der Furchtextinktion erleichterte Cortisol die CS+/CS-Differenzierung in mehreren Furcht relevanten Strukturen bei OC-Frauen. Um zu untersuchen ob endogene bzw. exogene Sexualhormone einen Einfluss auf die CR haben, wurden in einer instructed aware Stichprobe neben Männern und OC-Frauen frei zyklierende Frauen (untersucht in der Lutealphase ihres individuellen Menstruationszyklus; LU) eingeschlossen. Beim Furchterwerb fand sich interessanterweise keine Interaktion zwischen Cortisol und Sexualhormonstatus. In der Extinktion zeigten OC-Frauen höhere CR in verschiedenen Regionen (u.a. in der Amygdala) im Gegensatz zu Männern und LU-Frauen. Cortisol hatte hier weder einen Effekt auf die Furchtakquisition noch auf die Extinktion. Somit wurde nachgewiesen, dass CR bei instructed aware Personen nicht durch Cortisol modulierbar sind. In der Extinktion wurde allerdings nachgewiesen, dass nicht das Geschlecht ausschlaggebend für unterschiedliche CR ist, sondern der Sexualhormonstatus. Zusammenfassend legen die hier durchgeführten Studien nahe, dass Cortisol das Furchtlernen und die Extinktion unter bestimmten Lernbedingungen modulieren kann in Abhängigkeit des Geschlechts, bzw. des Sexualhormonstatus. Interessanterweise reagieren OC-Frauen mit dem umgekehrten Muster im Vergleich zu Männern und LU-Frauen. Dies hat Implikationen für die Stichprobenzusammensetzung zukünftiger Experimente, für die Interpretation bisheriger Furchtkonditionierungsstudien sowie für das Verständnis der Entwicklung und möglicherweise angepassten Behandlung klinischer Störungen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Neuronal correlates of extinction learning are modulated by sex hormones. Soc Cogn Affect Neurosci
    Merz, C.J., Tabbert, K., Schweckendiek, J., Klucken, T., Vaitl, D., Stark, R., & Wolf, O.T.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1093/scan/nsr063)
  • (2010). Cortisol enhances neural differentiation during fear acquisition and extinction in contingency aware young women. Neurobiol Learn Mem 94, 392-401
    Tabbert, K., Merz, C.J., Klucken, T., Schweckendiek, J., Vaitl, D., Wolf, O.T., & Stark, R.
  • (2010). Investigating the impact of sex and cortisol on implicit fear conditioning with fMRI. Psychoneuroendocrinology 35, 33-46
    Merz, C.J., Tabbert, K., Schweckendiek, J., Klucken, T., Vaitl, D., Stark, R., & Wolf, O.T.
  • (2011). Influence of contingency awareness on neural, electrodermal, and evaluative responses during fear conditioning. Soc Cogn Affect Neurosci, 6, 495-506
    Tabbert, K., Merz, C.J., Klucken, T., Schweckendiek, J., Vaitl, D., Wolf, O.T., & Stark, R.
 
 

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