Hochdimensionale nichtlineare Zustandsschätzung auf Basis ungewisser Wahrscheinlichkeitsdichten
Final Report Abstract
In vielen Anwendungen, wie z.B. der Lokalisierung von Objekten, der Koordination eines Teams von Robotern oder der Rekonstruktion von verteilten Phänomenen, ist die Bestimmung des internen Zustands eines dynamischen Systems unerlässlich. Bei der Rekonstruktion von verteilten Phänomenen muss basierend auf ortsdiskreten Messungen auf die ortskontinuierliche Verteilung des Phänomens geschlossen werden. Bedingt durch Messstörungen und einem nicht perfekten Systemmodell, welches die zeitliche Veränderung des Zustands beschreibt, wird ein Bayes'sches Schätzverfahren verwendet, damit diese auftretenden Unsicherheiten systematisch berücksichtigt werden können. In einem Bayes'sehen Schätzverfahren werden rekursiv der Filterschritt und Prädiktionsschritt ausgeführt. Im Rahmen des Filterschritts wird mittels des Satzes von Bayes die Wahrscheinlichkeitsdichte des Zustands verbessert. Mit Hilfe der Chapman-Kolmogorov Gleichung wird diese Dichte dann im Prädiktionsschritt zum nächsten Messzeitpunkt fortgeschrieben. Für lineare Systeme und additives normal verteiltes Rauschen ist das Kaiman Filter der optimale Bayes'sehe Zustandsschätzer, da Filter- und Prädiktionsschritt exakt berechnet werden können, weil die Wahrscheinlichkeitsdichte des Zustands vollständig durch die beiden ersten Momente beschrieben ist. Zudem bleibt die Komplexität über der Zeit konstant. Bei realen Systemen treffen diese Annahmen nicht mehr zu, da zum einen das System- und Messmodell nichtlinear und zum anderen das Mess- und System rauschen nicht mehr additiv und/oder normalverteilt seien kann. Daher werden approximative Verfahren verwendet, die den Filter- und Prädiktionsschritt approximieren. Bei approximativen Schätzverfahren, die für nichtlineare Probleme mit nicht-normalverteiltem Rauschen entwickelt wurden, wie z.B. gitterbasierte Filter oder partikelbasierte Filter, tritt der sogenannte „Fluch der Dimension" (Curse of Dimensionality) auf. Denn bei diesen Verfahren steigt die Rechenkomplexität exponentiell in Abhängigkeit von der Dimension des Zustands an. Um einen geringeren Anstieg der Rechenkomplexität zu erhalten, wurden in diesem Projekt unterschiedliche Dekomponierungsverfahren (Zerlegungsverfahren) entwickelt, um eine Bayes'sehe Zustandsschätzung für hochdimensionale Systeme zu erlauben. Üblicherweise wird eine Zerlegung der nichtlinearen System- und Messgleichung in ein nichtlineares und bedingt lineares System vorgenommen. Dabei wird die Struktur der nichtlinearen System- oder Messgleichung ausgenutzt, um das Zustandsschätzproblem zu zerlegen, damit dieses teilweise entkoppelt berechnet werden kann. Dies bedeutet, dass die marginale Wahrscheinlichkeitsdichte des Zustands für den nichtlinearen Teil durch eine partikelbasierte Dichte approximiert wird. Dies führt dazu, dass man für den konditionalen Anteil des Zustands lineare Systeme erhält, die mit dem Kaiman Filter gelöst werden können. Im Gegensatz zur traditionellen Dekomponierung in bedingt linearen Systeme wurden im vorliegenden Projekt zwei unterschiedliche Arten von Dekomponierung untersucht und auf die Bayes'sehe Zustandsschätzung angewendet. Im Rahmen der ersten Dekomponierung wird das Gesamtsystem S in N Teilsysteme zerlegt, die schwach miteinander gekoppelt sind. Die Abhängigkeit der einzelnen Systeme wird über Mengen von Dichten modelliert, d.h. die lineare Abhängigkeit der Systeme wird über das Einbringen eines unbekannten mengenbasierten Korrelationskoeffizienten modelliert. Dieser unbekannte Korrelationskoeffizient führt dazu, dass man für jedes Teilsystem Si eine Menge von Wahrscheinlichkeitsdichten erhält. Die zweite Dekomponierung ist orthogonal zur ersten Dekomponierung. Diese Dekomponierung betrifft jedes Teilsystem Si. Dabei wird die Wahrscheinlichkeitsdichte des Zustands für das Teilsystem mittels des Satzes von Bayes aufgeteilt. Die Aufteilung des Zustands wird so durchgeführt, dass man bedingt integrierbare Probleme erhält, d.h. die Momente können für diesen Teil analytisch berechnet werden. Für bestimmte nichthneare Systeme, z.B. polynominale und/oder trigonometrische Funktionen, können analytische Lösungen für die Momente gefunden werden. Zudem wird basierend auf einem Gütemaß, welches den stochastischen Linearisierungsfehler bemisst, in Abhängigkeit von der Aufteilung entschieden, welche Art von approximativem Zustandsschätzer verwendet wird. Bei der Berechnung des stochastischen Linearisierungsfehlers wird der Einflussbereich der Wahrscheinlickeitsdichte über der Nichtlinearität betrachtet und somit der Fehler berechnet, der durch eine Linearisierung zustande kommen würde. Ist der Fehler durch die Linearisierung gering, so kann die Abbildung durch einen linearen Zusammenhang beschrieben werden. Berechnet man den Linearisierungsfehler für jede mögliche Aufteilung des Zustands, so kann entschieden werden, welche Teilzustände eher durch einen linearisierten Zusammenhang beschrieben werden und welche nicht. In dieser Arbeit wurden zwei Dekomponierungsverfahren untersucht. Eine Einbindung dieser Verfahren in einem Baukasten für Schätzverfahren wäre ein nächster Schritt. Dabei sollte dieser Baukasten so entwickelt werden, dass er sich adaptiv an das Problem anpasst, um für hochdimensionale, gestellte Probleme automatisch das für diesen Zeitpunkt geeignete Verfahren auszuwählen.
Publications
- Optimal Stochastic Linearization for Range-based Localization. In: Proceedings of the 2010 IEEE/RSJ International Conference on Intelligent Robots and Systems (IROS 2010), Taipei, Taiwan, Oktober 2010
Beutler, F., M. F. Huber und U. D. Hanebeck
- Semi-Analytic Stochastic Linearization for Range-Based Pose Tracking. In: Proceedings of the 2010 IEEE International Conference on Multisensor Fusion and Integration for Intelligent Systems (MFI 2010), Salt Lake City, Utah, September 2010
Beutler, F., M. F. Huber und U. D. Hanebeck
- The Sliced Gaussian Mixture Filter with Adaptive State Decomposition Depending on Linearization Error. In: Proceedings of the 13th International Conference on Information Fusion (Fusion 2010), Edinburgh, United Kingdom, Juli 2010
Klumpp, V., F. Beutler, U. D. Hanebeck und D. Fränken