Hochschulpolitische Konvergenz durch transnationale Kommunikation? Nationale Bedingungen länderübergreifender Politikkonvergenz am Beispiel des Bologna-Prozesses
Final Report Abstract
Das Forschungsprojekt befasste sich mit der Frage, ob und unter welchen Bedingungen sich nationale Hochschulpolitiken im Zeitablauf aneinander angenähert haben und ob und inwieweit der Einfluss internationaler Faktoren durch nationale Charakteristika verstärkt wird. In theoretischer Hinsicht standen dabei zwei Fragen im Vordergrund. Erstens wurde untersucht, ob und inwieweit der Einfluss transnationaler Kommunikation, der sich insbesondere im Rahmen des Bologna-Prozesses manifestiert, zu einer Angleichung nationaler Politiken geführt hat. Zweitens wird der Fokus auf die nationalen Bedingungen, welche die Konvergenzwirkung transnationaler Kommunikation möglicherweise beeinflussen, gelegt. In empirischer Hinsicht wurde diese Frage durch einen internationalen Vergleich staatlicher Hochschulpolitiken und deren Wandel im Zuge des Bologna-Prozesses analysiert. Um durch den Bologna-Prozess ausgelöste Konvergenzprozesse zu messen, wurden einerseits die Hochschulpolitiken von 20 OECD-Ländern im Zeitraum zwischen 1996 und 2008 analysiert. Im Hinblick auf den Bereich der Hochschulpolitik erfolgte eine Konzentration auf zwei Dimensionen, Studienstrukturen und Qualitätssicherungssysteme. Die Ergebnisse decken sich mit den formulierten theoretischen Erwartungen. Es wurde erwartet, dass die Konvergenz in der instrumentellen Ausgestaltung und dem Grad der Anwendung auf Studienprogramme geringer ausfallen würde als für die Übernahme von Politiken. Auch zeigt sich höhere Konvergenz für am Bologna-Prozess teilnehmenden Staaten als bei den restlichen OECD-Staaten. Durch die Kausalanalysen konnte festgestellt werden, dass das Ausmaß hochschulpolitischer Konvergenz bei alleiniger Fokussierung auf Politikübernahme deutlich überschätzt würde. Dies gilt insbesondere für Politiken im Bereich der Studienstrukturen. Auch würde fälschlicherweise ein starker Zusammenhang zwischen genereller kultureller Ähnlichkeit und Politikkonvergenz postuliert; tatsächlich beeinflusst generelle kulturelle Ähnlichkeit zwischen Ländern lediglich die Konvergenzwahrscheinlichkeiten für die Übernahme von Politiken. Für Konvergenz in der instrumentellen Ausgestaltung, also für tatsächliche Politikkonvergenz, ist hingegen die Einbettung in Transnationale Kommunikationsnetzwerke bedeutsamer. Implementationsgrad und -geschwindigkeit wiederum werden durch politikfeldspezifische institutionelle und sozio-ökonomische Ähnlichkeiten befördert und - der Natur der Sache folgend - durch Zeit, die seit der Übernahme der Politik vergangen ist. Die gemeinsame Teilnahme am Bologna-Prozess übt den größten Einfluss auf Konvergenz in der instrumentellen Ausgestaltung aus, der Bologna-Prozess hat somit tatsächliche Politikkonvergenz veurrsacht, die über die Übernahme ähnlicher Politiken hinausgeht. Dies gilt auch für den Bereich der Hochschulsteuerung, der Bologna-Prozess kann in allen untersuchten Ländern als Reformauslöser gelten und trug zur verstärkten Orientierung am marktorientierten Modell der Hochschulsteuerung bei. Dabei sollen auch andere Faktoren - wie etwa internationale Leistungsvergleiche und die innenpolitische Diffusion von neuen Management-Ansätzen - als Reformstimuli nicht vernachlässigt werden. Insgesamt kann konstatiert werden, dass der Bologna-Prozess erheblichen Einfluss auf hochschulpolitische Reformen des letzten Jahrzehnts hatte. Konvergente Entwicklungen können somit nicht allein auf die Diffusion globaler Trends zurückgeführt werden, sondern auf Politikübernahme innerhalb eines Selbstverpflichtungsregimes.
Publications
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