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Die Naturalobligation. Rechtsfigur und Instrument des Rechtsverkehrs einst und heute - zugleich Grundlegung einer Forderungslehre im Zivilrecht

Fachliche Zuordnung Privatrecht
Förderung Förderung von 2007 bis 2008
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 61069019
 
Die Arbeit behandelt in einem historischen und rechtsvergleichenden Teil die sog. obligatio naturalis und die naturrechtliche unvollkommene Verbindlichkeit seit ihrer Entstehung bis heute. In einem rechtstheoretischen und dogmatischen zweiten Teil wird die Anwendung der unter diesen Begriffen geführten Rechtsfigur kritisch analysiert und ihre Aufnahme in die europäische Kodifikation des Zivilrechts empfohlen. Die Naturalobligation lässt sich als obligatorische Leistungsforderung (entsprechend § 241 Abs. 1 BGB) verstehen, die nicht mit rechtlichen Zwangsmitteln durchgesetzt werden kann. Sie grenzt sich von schwächeren Bindungsformen, den konsequentialistischen Bindungen (Angebotsbindung, Absichtsbindungen, Obliegenheiten, u.a.) und den bislang nicht rezipierten an- oder abgeratenen (supererogatorischen) Handlungen, ab. Der Gesetzgeber hat im geltenden Recht eine Reihe nicht erzwingbarer Leistungspflichten anerkannt, so etwa die verjährte Forderung, den Ehemaklerlohn, Spiel- und Wettschulden, sittliche Pflichten u.a. Die vorgeschlagene Qualifikation als Forderung ermöglicht den operationalen Gebrauch im schuldrechtlichen System. Individualrechtliche und rechtspolitische Gründe können dafür sprechen, den Erfüllungszwang ausnahmsweise aufzuheben. Zwang ist nicht stets angemessen und funktional. Die Geschäfte sind zwangsfeindlich, aber nicht bindungsfeindlich. Damit lassen sich aus dem wachsenden Bereich rechtlicher Unverbindlichkeit Fälle ausgrenzen, die durch nicht erzwingbare obligatorische Pflichtstellungen ausgezeichnet sind. Die Rechtsfigur erlaubt ferner die Inkorporation gesellschaftlicher Wertungen in das Recht. Sittliche Pflichten und Anstandsrücksichten fragen in Abgrenzung zu ethisch-moralischen Pflichten nicht nach den Beweggründen, die den Schuldner veranlassten, die Forderung zu erfüllen. Eine Reihe europäischer Rechte kennen entsprechende Regelungen. Das rechtsethische Gebot, in Formen des Rechts zu handeln (§ 242 BGB), steht der durch Gentlemen's Agreements erstrebten Entrechtlichung entgegen. Auch sog. freiwillige Selbstverpflichtungen sind begrifflich irreführend. Mit Hilfe der Rechtsfigur Naturalobligation können die zugrunde liegenden Strukturen geklärt werden. Selbstregulierende Wirkungsmechanismen können durch sie gestärkt werden, weil Anknüpfungs- und Orientierungspunkt das rechtlich durchgebildete Forderungsverhältnis ist, wie es die Schuldrechte aller europäischen Rechte kennen und ihrer zivilrechtlichen Systematisierung zu Grunde legen.
DFG-Verfahren Publikationsbeihilfen
 
 

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