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Numerisches Benchmarking und analytische Studie einer Klasse konservativer Modelle zur effizienten Simulation großskaliger geophysikalischer Strömungen im Grenzfall kleiner Rossby-Zahl

Fachliche Zuordnung Mathematik
Förderung Förderung von 2008 bis 2013
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 62829851
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In diesem Projekt ging es um die Untersuchung einer Klasse neuer sogenannter „Balance Models“ für schnell rotierende Strömungungen, wie sie bei großskaligen Phänomenen in der Atmosphäre und in den Ozeanen auftreten. Ein „Balance Model“ repräsentiert nur den langsamen Anteil der Dynamik, nicht aber Wellen, die sich im betrachtenten Grenzfall auf sehr viel kürzeren Zeitskalen ausbreiten. Solche Modelle sind aus mehreren Gründen wichtig: Erstens liefern sie ein qualitatives Grundverständnis geophysikalischer Strömungen. Zweitens müssen schnelle Schwerewellen oft auch in Modellen, die im Prinzip die volle Dynamik umfassen, aus numerischen Gründen gefiltert werden - daher ist eine analytische Beschreibung von „Balance“ für Initialisierung und Diagnostik wichtig. Schließlich treten ähnliche Mehrskalenprobleme auch in anderen Zusammenhüangen auf, so dass ein grundlegendes Verständnis der mathematischen Grundlangen von Interesse ist. Ausgangspunkt der Arbeiten war eine vom Antragsteller vorab entwickelte neue Methode, solche Modelle unter Beibehaltung der strukturellen Eigenschaften durch Approximation des zugrundeliegenden Lagrangefunktionals herzuleiten. Ziel des Projektes war es, diese Herleitung mathematisch vollständig zu rechtfertigen, die verschiedenen Modelle numerisch zu untersuchen, und die Resultate in verschiedener Hinsicht zu verallgemeinern. In allen drei Bereichen haben wir substantielle Fortschritte gemacht, auch wenn die ursprünglichen Projektziele noch nicht vollständig erreicht wurden. Erstens konnten wir zeigen, dass die Klasse neuer Modelle sich analytisch, mit physikalisch begründeten Ein-schränkungen, wie die inkompressiblen Eulergleichungen in zwei Raumdimensionen verhalten, insbesondere also als Anfangswertproblem wohlgestellt sind; darüber hinaus haben wir für ein vereinfachtes endlichdimensionales Problem die komplette analytische Rechtfertigung der Asymptotik zu beliebiger Ordnung bewiesen. Für das strömungsmechanische Problem haben wir bisher nur Teilergebnisse; ein vergleichbares Resultat existiert jedoch auch für die in der Literatur sehr viel besser untersuchten klassischen semigeostrophen Gleichungen ebenfalls noch nicht. Numerisch konnten wir zeigen, dass sich die neuen „Balance Models“ robust simulieren lassen und gute Approximationseigenschaften haben. Allerdings haben sich in der Approximationsordnung Unterschiede zwischen mehreren formal äquivalenten Modellen gezeigt, für die wir bisher keine schlüssige Erklärung haben. Ein großer Teil der zweiten Projektphase wurde in diesen Aspekt investiert. Wir haben zur Zeit eine plausible Arbeitshypothese, die den Verlust der Approximationsordnung auf inkonsistente Initialisierung zurückführt, aber noch kein sicher validiertes Ergebnis. Eine Klärung dieses Sachverhaltes ist wünschenswert, da er direkte Auswirkungen auf die zu erwartenden Ergebnisse der analytischen Rechtfertigung der Asymptotik hat. Hervorzuheben ist weiterhin, dass sich das sogenannte Li-Modell von Rick Salmon, das wir hier erstmals in seiner sogenannten PV(„Potential Vorticity“)-Formulierung betrachtet haben, als besonders robust und leicht zu implementieren erwiesen hat, und wohl zu Unrecht in der Literatur bisher zu wenig konkrete Beachtung gefunden hat. Wir konnten weiterhin eine Reihe von vereinfachenden Annahmen in der urprünglichen Herleitung aufheben (Topografie, räumliche Anderung des Coriolisparameters) und, als noch laufende Arbeit, die Betrachtung auf dichtegeschichtete Strömungen ausdehnen. Darüber hinaus konnten wir zeigen, dass ähnliche Strukturen auch bei der Rückwärtsfehleranalyse variationeller Integratoren oder dem nichtrelativistischen Grenzfall der nichtlinearen Klein-Gordon Gleichung auftreten. Im letzteren Fall scheint ein vollständiges analytisches Verständnis greifbar, das wir als Folgeprojekt in Angriff nehmen wollen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Hamiltonian formalism for models of rotating shallow water in semigeostrophic scaling, Discrete Cont. Dyn. S. 31 (2011), 827–846
    M. Oliver and S. Vasylkevych
  • “A mathematical analysis of a family of rotating shallow water models in semigeostrophic scaling”, Ph.D. dissertation, Jacobs University, Bremen, 2011
    M. Çalık
  • Generalized LSG models with varying Coriolis parameter, Geophys. Astrophys. Fluid Dyn. 107 (2013), 259–276
    M. Oliver and S. Vasylkevych
  • Global well-posedness for the generalized large-scale semigeostrophic equations, Arch. Ration. Mech. An. 207 (2013), 969–990
    M. Çalık, M. Oliver, and S. Vasylkevych
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s00205-012-0587-3)
  • M. Çalık and M. Oliver, Weak solutions for models of rotating shallow water in semigeostrophic scaling, Commun. Pure Appl. Ana. 12 (2013), 939–955

  • A variational derivation of the geostrophic momentum approximation, J. Fluid Mech. 751 (2014), R2
    M. Oliver
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1017/jfm.2014.309)
  • Slow dynamics via degenerate variational asymptotics, Proc. R. Soc. Lond. A 470 (2014), 20140460
    G. Gottwald and M. Oliver
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1098/rspa.2014.0460)
 
 

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