Anpassungsmechanismen kommensaler Darmbakterien an Ernährungs- und Wirtsfaktoren im Intestinaltrakt
Final Report Abstract
Darmbakterien beeinflussen die Physiologie des Wirtes in vielfältiger Weise. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Reifung des Immunsystems, tragen zur Aufrechterhaltung der Barrierefunktion gegen pathogene Bakterien bei und ergänzen durch ihr großes katalytisches Potential den Stoffwechsel des Wirtes. Während auf dem Gebiet der bakteriellen Umsetzung von Nahrungskomponenten bereits umfangreiche Kenntnisse zur Verfügung stehen, sind andere Wechselwirkungen zwischen Bakterien und Wirt kaum charakterisiert. In letzter Zeit wird beispielsweise verstärkt der Zusammenhang zwischen der Zusammensetzung der Mikrobiota, der Ernährung und dem Gesundheitszustand des Wirtes untersucht. Um derartige Fragestellungen hypothesenbasiert bearbeiten zu können, sind zunächst grundlegende Kenntnisse über den physiologischen Zustand der Bakterien in der Wirtsumgebung erforderlich. Die Zielsetzung des Projektes bestand darin, die Anpassungsmechanismen der Bakterien an die Verhältnisse im Gastrointestinaltrakt zu untersuchen. Es wurde postuliert, dass Änderungen in der Ernährung oder in der Physiologie des Wirtsorganismus Einfluss auf den bakteriellen Stoffwechsel ausüben, die sich im bakteriellen Proteom widerspiegeln. Für unsere Untersuchungen nutzten wir gnotobiotische Mäuse, die mit Escherichia coli assoziiert waren. Zunächst untersuchten wir die Frage, wie sich E. coli an die Bedingungen im Gastrointestinaltrakt anpasst. Während E. coli in vitro bestimmte Substrate bevorzugt nutzt, verstoffwechselt er im Darm ein breites Spektrum von Kohlenhydraten und Aminosäuren gleichzeitig. Weiterhin erwies sich die Fähigkeit zur Purin- und Pyrimidinsynthese als essentiell für die Fähigkeit von E. coli, den Mäusedarm erfolgreich zu besiedeln. Mutanten, die dazu nicht in der Lage sind, wurden in der Maus im Kompetitionsexperiment durch die entsprechenden Wildtyp-Bakterien verdrängt. Zur Untersuchung der Bedeutung von Ernährungsfaktoren für die Darmbesiedlung setzten wir drei semisynthetische Diäten ein: eine stärkebetonte, eine lactosehaltige und eine proteinbetonte. Die meisten der 102 identifizierten differentiell exprimierten Proteine (Expressionsänderung ≥ 2, p ≤ 0,05) spielen im zentralen Energie- und Proteinstoffwechsel, der Redox Homöostase und dem Nukleotidstoffwechsel eine Rolle. Veränderungen in der Expression von Enzymen des Leloir-Stoffwechselweges unter der Lactosediät bestätigen die dem Projekt zugrunde liegende Hypothese, dass Veränderungen in der Ernährung des Wirtes distinkte Veränderungen im bakteriellen Proteom hervorrufen. Zu unserer Überraschung wurden bei Fütterung dieser Diät auch Proteine der oxidativen Stressantwort in E. coli induziert – eine solche Reaktion war unter den sauerstofflimitierten Bedingungen im Darm eigentlich nicht zu erwarten. Mit Luciferase-Reportergenkonstrukten der Promotoren von AhpCF (Akylhydoperoxidreduktase) und Dps (DNA–binding protein from starved cells) gelang der Nachweis, dass der durch Mono- und Disaccharide oder NaCl ausgelöste osmotische Stress hierfür verantwortlich ist. Den Einfluss von Darmentzündungen auf das Proteom des nichtpathogenen E. coli UNC oder des probiotischen E. coli Nissle untersuchten wir in monoassoziierten Mäusen nach Induktion einer Darmentzündung mittels Dextransulfat. Beide Bakterienstämme reprimierten unter Entzündungsbedingungen die Expression von Proteinen des Energie- und Kohlenhydratstoffwechsels. Induziert wurde hingegen NfuA (iron sulfur cluster scaffold protein; Änderung 3-fach, p ≤ 0,05), ein Protein, das durch oxidativen Stress beschädigte Fe/S-Cluster in Fe/S-Proteinen repariert. Seine Deletion führte in vitro unter oxidativen Stressbedingungen zur Verzögerung des Wachstums. Das konservierte Protein YggE war in E. coli Nissle 4 - 8-fach höher exprimiert als in E. coli UNC. Aufgrund seiner Fähigkeit vor Schäden durch reaktive Sauerstoffspezies zu schützen, verleiht es E. coli Nissle einen Wachstumsvorteil unter oxidativen Stressbedingungen wie sie im entzündeten Darm vorkommen. Auch die Tryptophanase TnaA wurde in E. coli Nissle 4 - 7-fach stärker exprimiert als in E. coli UNC. Ein Produkt der von TnaA katalysierten Reaktion ist Indol, das in anderen Modellsystemen zur Verbesserung von Symptomen entzündlicher Darmerkrankungen führte. Ob, und in welchem Ausmaß, TnaA zu der durch E. coli Nissle bewirkten Remissionserhaltung beiträgt, muss jedoch noch geklärt werden.
Publications
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Blaut M
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(2011). Response of intestinal bacteria to dietary factors in the mouse intestine; DGHM-Fachgruppentagung 4th Seeon Conference, Microbiota, Probiota and Host, Seeon
Rothe M