A comprehensive high-resolution study of the formation and evolution of resolved starburst clusters, and the formation environment of the highest mass stars
Final Report Abstract
Im Rahmen des Emmy Noether Projekts wurden die stellaren Massenfunktionen des Arches und Quintuplet Sternhaufens aus photometrischen und astrometrischen Daten hergeleitet. Aufgrund der im Rahmen des EN Projekts gewonnenen hochaufgelösten Daten ist die Trennung zwischen Cluster- und Feldpopulation für die untersuchten Sternhaufen im Galaktischen Zentrum gelungen. Dies war nur dank der astrometrischen Genauigkeit der adaptiven Optik Daten möglich, die im Sommer 2012 nach Beobachtungskampagnen über einen Zeitraum von vier Jahren vervollständigt werden konnten. Die Datentabellen wurden im Rahmen von zwei abschließenden Publikationen vollständig der astronomischen Gemeinschaft zur Verfügung gestellt. Auf der Basis der Eigenbewegungsmitgliedschaft konnte erstmalig die Massenfunktion des ausgedehnten Quintuplet Haufens bestimmt werden. Die Eigenbewegungsanalyse hat ein Vordringen in die Außenbereiche der Sternhaufen erlaubt, da eine klare Trennung von Haufenmitgliedern und der mit radialem Abstand zunehmenden Feldkontamination bisher nicht möglich war. Die flache Steigung der Massenfunktion sowohl im Arches als auch im Quintuplet Zentrum weist auf eine deutliche Überhäufigkeit an massereichen Sternen in den dichtesten Haufenkernen hin. Darüber hinaus zeigen Simulationen, die in Zusammenarbeit mit Stefan Harfst von der TU Berlin durchgeführt wurden, daß die dynamische Entwicklung bereits bei den kurzen Lebenszeiten der Starburst Cluster von einigen Millionen Jahren eine wesentliche Rolle dabei spielt, die lokale Massenverteilung der Sterne zu bestimmen. Die flachen Massenfunktionen sind für die Interpretation unaufgelöster Populationen von astrophysikalischer Relevanz, da das Licht in jungen extragalaktischen Systemen von der massereichen Komponente dominiert ist. Die wesentliche Zielsetzung des EN Projekts lag darin, die Populationen im Zentrum der Milchstraße daraufhin zu untersuchen, ob die ursprüngliche Massenfunktion in dieser extremen Sternenstehungsregion nachweisbar von der Sonnenumgebung abweicht. Das Ergebnis war überraschend. Im Rahmen der Dissertation von Maryam Habibi wurde durch den Vergleich von dynamischen Modellen mit der beobachteten radialen Massenverteilung aufgezeigt, daß keine abweichende ursprüngliche („initiale") Massenfunktion notwendig ist, um die Verteilung massereicher Sterne in Starburst Haufen zu erklären. Der Überschuss im Zentrum des Arches Haufens kann allein durch die dynamische Entwicklung entstanden sein. Die Gezeitenverluste des Arches und Quintuplet Haufens legen darüber hinaus nahe, dass die im Galaktischen Zentrum beobachteten massereichen Sterne zu mindestens zwei Dritteln aus den beiden bekannten Sternhaufen stammen und nicht in Isolation entstanden sind. Dieses unerwartete Ergebnis wurde in einer Pressemitteilung der Universität Bonn präsentiert. Damit wird eine ungewöhnliche Massenfunktion im Sternentstehungsprozess in galaktischen Zentren zunehmend unwahrscheinlich. Bisher wurde angenommen, dass in heißen und ÜV-reichen Regionen wie der zentralen molekularen Zone die Jeansmasse und damit die mittlere Sternmasse erhöht sein müssen, so dass man einen nativen Überschuss an massereichen Sternen erwartet hat. Dies konnte im Rahmen des EN Projekts widerlegt werden, weil erstmals ausgedehnte Gebiete der Sternhaufen untersucht wurden, die deutlich über die dichte, prominente Kernregion hinausgehen. Auch die Entstehung massereicher Sterne in scheinbarer Isolation wurde durch die Analyse der Gezeitenverluste widerlegt. So konnte ein ungewöhnlicher Modus der Sternentstehung im Zentrum der Milchstraße erstmals mit hoher Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. Lediglich der Bereich um das supermassive schwarze Loch bleibt damit als mögliche Region besonders massereicher, der Sonnenumgebung nicht vergleichbarer, Sternentstehung übrig. Darüber hinaus wurde die Scheibenhäufigkeit im Arches und Quintuplet Sternhaufen auf Basis der Mitgliedschaft aus Eigenbewegungen vermessen. Die geringe, aber signifikante Überlebensrate von Scheiben in der dichtesten Sternentstehungsregion der Milchstraße deutet darauf hin, daß auch in massereichen Sternhaufen Planetenentstehung zu erwarten ist. Die Spiralarm-Sternhaufen NGC 3603 und Westerlund 1 wurden in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut fur Astronomie in Heidelberg untersucht. Fur diese Sternhaufen konnte im Rahmen der Dissertation von Natalia Kudryavtseva gezeigt werden, daß die Alterstreuung in dichten, jungen Clustern weniger als 15% des Haufenalters betragt, was die Annahme eines Sternentstehungs-“Bursts” bestätigt. Mithilfe der Eigenbewegungsanalyse konnte erstmalig die Geschwindigkeitsdispersion in einem Starburst Cluster gemessen und auf die dynamische Masse geschlossen werden. Im Dissertationsprojekt von Boyke Rochau zeigte sich damit, daß auch im sehr jungen Entwicklungsstadium von 1-2 Millionen Jahren Starburst Haufen im virialen Gleichgewicht sein können. Eine detaillierte Strukturanalyse des Westerlund 1 Sternhaufens wurde in der Dissertation von Mario Gennaro durchgeführt, wobei die Asymmetrie des Haufens in diesem Fall zu der Schlußfolgerung fuhrte, daß nicht für alle jungen, massereichen Haufen ein Virialgleichgewicht als Grundlage fur die Massenbestimmung angenommen werden kann. Die aufgezeigten Parallelen zwischen Starburst Clustern in den Spiralarmen und im Galaktischen Zentrum (radiale Variation der Massenfunktion, Überdichte massereicher Sterne im Haufenkern, Scheibenraten) deuten auf vergleichbare Prozesse der Haufenentstehung und -entwicklung in den physikalisch unterschiedlichen Regionen der Milchstraße hin. Nimmt man diese Ergebnisse aus dem EN Projekt und den Kollaborationen zusammen, so lässt sich schließen, dass auch in Starburst Clustern, die in den physikalisch unterschiedlichen Regionen der Spiralarme und des Milchstraßenzentrums unter extremen Bedingungen entstanden sind, das Konzept der “universellen Massenfunktion” einen überraschend weiten Gültigkeitsbereich umfasst.
Publications
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Hußmann, Benjamin