Morphologie-Eigenschafts-Beziehungen von Blockcopolymer / Homopolymer Blends mit neuartigen nanostrukturierten Homopolymerinklusionen
Final Report Abstract
Viele Standardpolymere weisen nur eine unzureichende Zähigkeit bzw. Tieftemperaturzähigkeit auf. Die Fähigkeit der Absorption von Energie während einer Belastung kann auf zwei unterschiedlichen Wegen gesteigert werden. Zum einen besteht die Möglichkeit der Erhöhung des Kraftaufwandes, wie bei eigenverstärkten Polymeren und Komposites, und zum anderen die einer verbesserten Fähigkeit zur plastischen Deformation. Die letztere Variante wird in den meisten Fällen durch das Einbringen einer elastomeren Polymerphase erreicht, welche dispergiert in einer spröden Matrix vorliegt (Disperssysteme). Bei den klassischen Disperssystemen (z.B. ABS) ist der Kautschukanteil mit 15 – 25% relativ groß. Eine Verbesserung der Zähigkeit geht daher in der Regel mit einer Verringerung der Steifigkeit einher. Alternativ sind die sog. Wabensysteme bekannt, bei denen die Elastphase die harte polymere Phase netzwerkartig umfasst. Typische Vertreter der Wabensysteme sind schlagzähes Polyvinylchlorid (PVC-sz)[1] , Polyethylen (PE) / Polystyrol (PS) Blends[2] sowie Polymethylmethacrylat (PMMA) / Polyurethan (PU) Blends[3]). Ein geringerer Kautschukanteil von 6 – 8% führt bei den Polymersystemen mit einer netzwerkartigen Kautschukphase zu einer Verbesserung der Zähigkeit bei gleichzeitigem Erhalt des Steifigkeitsniveau. Trotz der angeführten Vorteile besitzen die Wabensysteme keine große praktische Bedeutung. Ursache dafür ist die starke Empfindlichkeit der Morphologie gegenüber Verarbeitungseinflüssen, die zu einer Zerstörung der netzwerkartigen Strukturen und somit zu einer Abnahme der Zähigkeit führen. Blockcopolymere und deren Blends mit Homopolymeren sind eine besondere Gruppe der Polymermaterialien, bei denen durch die große Variation der mikrophasenseparierten Strukturen eine große Vielfalt bei den mechanischen Eigenschaften ermöglicht wird. Infolge der Nanostrukturierung dieser Systeme ist auch eine verbesserte Transparenz gegenüber konventionellen schlagzähen Polymerblends erreichbar. Das Blenden von Blockcopolymeren mit korrespondierenden Homopolymeren mit höherem Molekulargewicht führt unter Gleichgewichtsbedingung allgemein zu einer Makrophasenseparation, was die mechanischen Eigenschaften verschlechtert. Bei der Herstellung von Blends unter Nichtgleichgewichtsbedingungen, wie Spritzguss und Extrusion wird eine Makrophasenseparation unterdrückt und es bilden sich Nanostrukturen aus. Speziell bei der Verarbeitung mittels Walzenkneter und dem anschließendem Pressen mit einer hydraulischen Presse bildet sich bei Blends aus asymmetrischen sternförmigen Blockcopolymeren aus Polystyrol und Polybutadien und Homopolystyrol eine neuartige wabenähnliche Morphologie aus. Diese gleicht der klassischen Wabenstruktur prinzipiell im Aufbau, bei der die Struktur allerdings im Nanometerbereich vorliegt. Somit besteht die Hoffnung, auf diese Weise neuartige transparente Werkstoffe zu erzeugen, die gleichzeitig eine hohe Steifigkeit und Zähigkeit besitzen. Ziel der wissenschaftlichen Arbeit war es, Bedingungen festzulegen, unter denen in Blockcopolymer / Homopolymer Blends die neuartige Tropfenmorphologie realisiert und optimiert werden kann. Weiterhin sollte die für die Anwendbarkeit wichtige Frage zur Verarbeitungsstabilität analysiert werden. Die Untersuchungen zeigten, dass die nanostrukturierte Wabenmorphologie sich ausschließlich beim Blenden der asymmetrischen sternförmige Blockcopolymere mit Homopolystyrol einstellt. Das Molekulargewicht des Homopolymers muss dabei deutlich größer sein, als das des langen Polystyrolarms des Blockcopolymers. Bei dem untersuchten Blockcopolymer mit der Bezeichnung Styrolux 3 G 55 (ST3) von der Firma BASF SE Ludwigshafen ergab sich das „Optimum“ der Inklusionsstruktur bei einem verwendeten Molekulargewichts des Homopolystyrols von 267 kg / mol, das heißt bei einem Molekulargewichtsverhältnis zwischen langen Arm des Blockcopolymers und des Homopolystyrols von etwa eins zu vier. Weiterhin wurde ein Mischungsverhältnis zwischen Blockcopolymer und Homopolymer von 3:2 (auf die Masse bezogen) für eine „fehlerfreie“ und homogene Ausbildung der Wabenstruktur ermittelt. Bei einem Massenanteil des Homopolystyrols von 60 m% tritt bei allen untersuchten relevanten Blends ein Zäh-Spröd-Übergang auf, der mit einem Auflösen der Wabenstruktur und dem Wechsel zu einem Disperssysteme erklärt werden kann. Bei diesem Mischungsverhältnis tritt gleichsam ein Minimum in der Transparenz auf, was durch ein Maximum der Größe der Polystyrolinklusionen begründet ist, die dann in der Größenordnung der sichtbaren Lichtwellenlänge liegen. Die erwartete höhere Verarbeitungsstabilität der neuartigen Wabenstruktur gegenüber den klassischen Wabenstrukturen wurde nicht bestätigt. Bei extrudierten und spritzgegossenen Proben zeigte sich eine starke Verzerrung der Polystyrol-inklusionen. Die sonst sphärischen Inklusionen, die beim Plattenpressen entstehen, bilden sich bei den hochdynamischen Verarbeitungsprozessen fadenartig aus, was somit eine starke Anisotropie in den mechanischen Eigenschaften zur Folge hat. Obwohl die Wabenstruktur bei den hochdynamischen Verarbeitungsprozessen sich nur fehlerhaft ausbildet, hat dies keine dramatischen Auswirkungen auf die mechanischen Eigenschaften. Die Werte der Fliesspannung und der Bruchdehnung sind zum Teil höher als die bei den durch Plattenpressen hergestellten Prüfkörpern, bei der die Struktur quasi fehlerfrei ausgebildet ist. Dies ist wahrscheinlich durch Herstellungsfehler wie Lufteinschlüsse im Material begründet, was bei der Herstellung der Prüfkörper mittels Plattenpressen verstärkt auftritt. Die nanostrukturierte Wabenmorphologie aus Blockcopolymerblends zeigt, ähnlich wie die klassischen mikrostrukturierten Wabenmorphologien eine hohe Empfindlichkeit gegenüber den Verarbeitungsprozessen. Die vorher vermutete höhere Verarbeitungsstabilität zeigte sich somit nur geringfügig. Für eine wirtschaftliche großtechnische Anwendung dieser Blends als Massenpolymere, bei der eine schnelle hochdynamische Verarbeitungstechnik notwendig ist, sind die Blends mit den neuartigen Polystyrolinklusionen weniger geeignet. Für bestimmte Anwendungen, bei der schnelle Verarbeitungsprozesse nicht zwingend notwendig sind und spezielle funktionelle Eigenschaften im Vordergrund stehen, könnten diese Systeme jedoch von Nutzen sein. Zum Beispiel können durch gezielte Oberflächenmodifikationen wie selektive Ätzprozesse die sphärischen Polystyrolinklusionen herausgearbeitet werden und somit eine nanostrukturierte raue Oberfläche geschaffen werden, die schmutzabweisende Eigenschaften hat (Lotuseffekt). Die Arbeiten haben gezeigt, dass die Größe der Inklusionen sich durch einfache Variation der Blendzusammensetzung in einem Bereich von 30 nm bis etwa 400 nm zielgenau einstellen lassen. Dies könnte sich als eine kostengünstige Alternative zu herkömmlichen Materialien mit Lotuseffekt erweisen.
Publications
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„Droplet structures in blends of styrene-butadien blockcopolymers with polystyrene and their nanocomposites”. 14th Symposium, Electron Microscopy in Materials Science, 18. -19. Mai 2010, Halle (Saale)
S. Henning, R. Adhikari, M. Buschnakowski, S. Borreck, G. H. Michler
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„Droplet structures in styrenic blockcopolymer blends and their nanocomposites”. Polychar 18, World Forum for Advanced Materials, 7. -10. April 2010, Siegen
S. Henning, R. Adhikari, S. Borreck, G. H. Michler
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„Droplet Structures in Styrenic Block Copolymer Blends and their Nanocomposites”, Polychar 19, 20. -24. März 2011, Kathmandu, Nepal
S. Henning, R. Adhikari, S. Borreck, G. H. Michler
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„Effect of surfactant treated boehmite nanoparticles on properties of block copolymers”, Materials Research Innovations 2012 Vol. 16 No.1 p. 19-24
R. Adhikari, W. Brostow, T. Datashvili, S. Henning, B. Menard, K. P. Menard, G. H. Michler
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„Nano- and Micromechanics of Polymers: Structure Modification and Improvement of Properties”, Carl Hanser Verlag GmbH & CO. KG, März 2012
G. H. Michler, Francisco J. Baltá-Calleja