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Seed dispersal, migration and climate induced Range Shifts of plant species

Fachliche Zuordnung Ökologie und Biodiversität der Pflanzen und Ökosysteme
Förderung Förderung von 2008 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 77575463
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Der Klimawandel wird weltweit erhebliche Auswirkungen auf die Biodiversität haben. Beispielsweise wird für Europa angenommen, dass sich die Vegetationszonen in den nächsten Jahrzehnten um mehrere 100 km nordwärts verschieben werden. In diesem von der DFG geförderten Forschungsprojekt wurde nun die Frage untersucht, ob Pflanzenarten sich überhaupt schnell genug ausbreiten können, um dem Klimawandel folgen und neue im Norden gelegene Areale besiedeln zu können. Dazu wurden • für die Ausbreitung von Pflanzen wichtige Merkmale gemessen und in einer frei zugänglichen Internetdatenbank (D – Dispersal Diaspore Database) veröffentlicht: www.seed-dispersal.info, • prozessbasierte Ausbreitungsmodelle für Windausbreitung, Ausbreitung durch Tiere und den Menschen weiterentwickelt bzw. neu erstellt, • mit Hilfe dieser Modelle Ausbreitungsdistanzspektren für zahlreiche Pflanzenarten berechnet und diese auch erstmals in der Datenbank veröffentlich, • aus den Distanzspektren und weiteren Pflanzenmerkmalen Migrationsraten berechnet und diese mit potentielle Arealverschiebungen verglichen, die mit Hilfe von ökologischen Nischenmodellen für eine Reihe von Klimaszenarien berechnet wurden. Im Rahmen des Projektes konnte gezeigt werden, dass in Mitteleuropa für die meisten Pflanzenarten die Samenausbreitung durch Tiere (mit einem großen Aktivitätsradius) der für die Fernausbreitung wichtigste Ausbreitungstyp ist. Im Gegensatz können relativ nur wenige mitteleuropäische Arten durch Wind über große Distanzen ausgebreitet werden. Wind kann bei den gut angepassten Arten aber relativ viele Samen über große Distanzen ausbreiten. Im Rahmen diese Projektes ist es auch gelungen ‚Reids Paradox der schnellen Pflanzenwanderung‘ aufzulösen: Ausgehend von im Freiland gemachten Untersuchungen war es bisher nur für sehr wenige Pflanzenarten möglich, die nacheiszeitliche Wiederbesiedlung der ehemals vom Eis bedeckten Gebiete zu erklären: Glaubt man den Freilanduntersuchungen, breiten sich die Pflanzen nicht schnell genug aus. Mit dem hier verwendeten modellbasierten Ansatz wurden nun für alle untersuchten Pflanzenarten Migrationsraten vorhergesagt, die zum Teil deutlich über den nacheiszeitlichen Migrationsraten liegen. Die so berechneten Migrationsraten liegen aber deutlich unter den Migrationsraten, die erforderlich wären, um mit dem Klimawandel Schritt zu halten. Die meisten Pflanzenarten werden somit nicht in der Lage ihr zukünftiges Areal, das oft um mehrere 100 km nach Norden verschoben sein wird, komplett auszufüllen. Dieses Phänomen wird als Ausbreitungslimitierung bezeichnet und kann zu einer Gefährdung einzelner Pflanzenarten führen und kann sich mittelfristig auch negativ auf die zukünftige Biodiversität auswirken. Die Ausbreitungslimitierung wird dadurch verstärkt, dass die europäischen Kulturlandschaft stark fragmentiert ist. Hierdurch sind die Aktionsradien von Großsäuger, welche die wichtigsten Samenausbreiter sind, stark einschränkt und die Pflanze werden nur über kürzere Distanzen ausgebreitet. Unsere Ergebnisse zeigen, dass auch die Flora von den derzeit diskutierten Plänen für Errichtung von europaweiten Korridoren für Wildtieren profitieren könnten.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2009). Plant colonization of ex-arable fields from adjacent species-rich grasslands: The importance of dispersal vs. recruitment ability. Agriculture, Ecosystems and Environment: 130: 93-99
    Oester, M., K. Ask, C. Römermann, Tackenberg, O., Eriksson, O.
  • (2010). Relative importance of different dispersal types in dry Mongolian rangelands. Journal of Arid Environments 74: 991–997
    Bläß, C., Ronnenberg, K., Tackenberg, O. Wesche, K.
  • (2010). Wer kommt, wer bleibt und wer geht? Gewinner und Verlierer des Klimawandels. Natur und Museum 140: 234-239
    Haase, P., Tackenberg, O.
  • (2011). D3 - An online database on dispersal and diaspore traits
    Tackenberg, O., Cunze, S., Heydel, F., Hintze, C., Hoppe, C., König, A.
  • (2011). Phylogenetically Poor Plant Communities Receive More Alien Species, Which More Easily Coexist with Natives. American Naturalist 177: 668-680
    Gerhold, P., Paertel, M., Tackenberg, O., Hennekens, S. M., Bartish, I., Schaminee, J. H. J., Fergus, A. J. F., Ozinga, W. A. & Prinzing, A.
  • (2011). Positive long-term effect of mulching on species and functional trait diversity in a nutrient-poor mountain meadow in Central Europe. Agriculture, Ecosystems and Environment 145: 10-28
    Dolezal, J., Masková, Z., Leps, J., Steinbachová, D., de Bello, F., Klimesová, J., Tackenberg, O., Zemeke, F., Kvet, J.
  • (2011). Postglacial migration supplements climate in determining plant species ranges in Europe. Proceedings of the Royal Society, Series B 278: 3644-3653
    Normand, S., Ricklefs, R.E., Skov. F., Bladt, J., Tackenberg, O., Svenning, J.C.
  • (2011). The Association of Dispersal and Persistence Traits of Plants with Different Stages of Succession in Central European Man-Made Habitats. Folia Geobotanica
    Latzel, V., Dolezal, J., Klimesova, J., Pysek, P., Tackenberg, O., Prach, K.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/s12224-010-9074-5)
  • (2012). TurbSeed - A model for wind dispersal of seeds in turbulent currents based on public available climate data. Ecological Modelling 237: 1-10
    Horn S., Raabe A., Will, H., Tackenberg O.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.ecolmodel.2012.04.009)
 
 

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