Biologisch motivierte Polymersysteme auf der Nanoskala
Final Report Abstract
Im Rahmen des Forschungsstipendiums habe ich verschiedene Systeme der weichen kondensierten Materie theoretisch untersucht, bei denen nanoskalige Prozesse zu makroskopischen Effekten führen. Ein erster Projektbereich war dünnen Polymerfilmen gewidmet, wie sie heute häufig als Beschichtungen verwendet werden und deren Stabilität daher von großem technologischen Interesse ist. Es ist jedoch schwierig bzw. aufwändig, für dünne Filme mechanische Spannungen a und Grenzflächeneigenschaften zu messen, weshalb vorgeschlagen wurde makroskopische, d.h. mit einem einfachen Lichtmikroskop beobachtbare, Entnetzungsexperimente durchzuführen, die Rückschlüsse auf diese Eigenschaften erlauben. In Verbindung mit Experimenten in den Gruppen G. Reiter und P. Damman konnte ich die Entnetzungsdynamik theoretisch beschreiben und eine makroskopische Observable (die Breite des Entnetzungswulstes) mit Residualspannungen im Film bzw. mit einer Verbreiterung der Grenzfläche mit dem polymer-beschichteten Substrat in Verbindung bringen. Wenn es nun gelingt, die entwickelte Theorie mikroskopisch zu unterlegen und quantifizierbar zu machen, können Spannungen und Polymergrenzflächen zukünftig durch einfache Entnetzungsexperimente quantitativ gemessen werden. Ein zweiter Themenbereich befasste sich mit Biopolymeren (Aktin, Mikrotubuli) die das Zellskelett eukaryotischer Zellen bilden. Das Zellskelett ist nicht statisch, sondern wird von spezialisierten Proteinen, sog. Motorproteinen, die sich entlang der Filamente bewegen können und auf diese Kräfte ausüben, ständig reorganisiert und geordnet. Während es schon Modelle im verdünnten Regime und makroskopische Beschreibungen für solche sog. aktiven Polymere gab, ist die Konzentration in der Zelle halb-verdünnt. Ich konnte für dieses Konzentrationsregime ein mittleres Feld-Modell aufstellen und zeigen, dass der Übergang zu einem (bzgl. der Orientierung der Filamente) makroskopisch geordneten System kontinuierlich oder diskontinuierlich sein kann, in Abhängigkeit von mikroskopischen Prozessen. Weiterhin konnte erstmals der Effekt der multiplikativen Motorfluktuationen untersucht werden. Dabei zeigte sich, dass selbst starke aktive Fluktuationen die Ordnungsphänomene nicht verhindern, sondern sogar unterstützen. Motorfluktuationen sind damit ein weiteres Beispiel eines positiven Fluktuationseffekts. In einem dritten Projekt habe ich Biomembranen, die von einem elektrischen Feld destabilisiert werden, theoretisch untersucht. Dieser Prozess ist technologisch wichtig zur Herstellung von künstlichen Vesikeln und für die Elektroporation, bei der durch elektrische Felder die Zellmembran perforiert wird um z.B. Medikamente in die Zelle zu schleusen. Ich konnte ein effektives Modell für eine planare Membran im Elektrolyt und im äußeren Feld aufstellen, das auch Nichtgleichgewichtseffekte wie den Ionenstrom durch Poren in der Membran berücksichtigen kann, und habe die Membraninstabilität analysiert. Da die Leitfähigkeit von Membranen gering ist, wird die Instabilität nicht stark beeinflusst. Es treten aber interessante (elektro-osmotisch induzierte) hydrodynamische Strömungen nahe der Membran auf.
Publications
- Dewetting of thin polymer films: Influence of interface evolution, EPL 86, 46001 (2009)
F. Ziebert and E. Raphaël
- Effective zero-thickness model for a conductive membrane driven by an electric field, Phys. Rev. E 81, 031912 (2010)
F. Ziebert, M. Z. Bazant and D. Lacoste
- Patterns and intrinsic fluctuations in semi-dilute motor-filament systems, EPL 90, 28001 (2010)
S. Swaminathan, F. Ziebert, I. S. Aranson and D. Karpeev