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Marken(t)räume im postsozialistischen Europa: Geographien der Produktion und des Konsums am Beispiel von Modemärkten und -marken in Bulgarien

Subject Area Human Geography
Term from 2009 to 2014
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 86320241
 
Final Report Year 2014

Final Report Abstract

Im Projekt „Marken(t]räume“ wurde am empirischen Beispiel von Bekleidung und (Marken-] Mode in Bulgarien untersucht, welche Rolle Marken bei der Verbindung von Praktiken der Produktion und des Konsums spielen und welche Bedeutung dem Konsum im Rahmen der ökonomischen, sozialen und kulturellen Transformation im postsozialistischen Europa zukommt. Ausgangsüberlegung des Projekts war die These einer performativen Adaption eines „Konsumkapitalismus“ im postsozialistischen Europa. „Konsumkapitalismus“ bezeichnet eine Ökonomie, die nicht nur auf die Produktion von Waren für den Konsum ausgerichtet ist, sondern ganz wesentlich auf die Produktion konsumbezogener Zeichen und Lebensstile. „Adaption“ bezieht sich auf die Übernahme von Werten, Normen und Praktiken des Konsumierens, des Vermarktens und des Produzierens. „Performativ“ bedeutet dabei, dass sich die Formierung eines Konsumkapitalismus mit Prozessen beschreiben lässt, bei denen neue Regeln des Wirtschaftens allein schon durch die Verkündung neuer Regeln - durch Medien wie durch ökonomische und politische Akteure - zur Realität werden. Märkte, so die Annahme, entstehen maßgeblich durch Vermarktung und die Reaktionen auf Vermarktung (inkl. Marken] seitens der Konsument_innen. Die empirische Arbeit bestand aus den Projektbausteinen „Produktion“ und „Konsum“: Zur Analyse der Produktion und Vermarktung wurden Leitfadeninterviews mit Firmenvertreter_innen aus der Bekleidungs- und Modebranche geführt. Zur Analyse des Konsums von Kleidung und der Perzeption von Marken wurden Gruppendiskussionen mit Konsument_innen durchgeführt. Zudem fanden teilnehmende Beobachtungen (u. a. auf fashion shows und im Einzelhandel] statt sowie Interviews mit Schlüsselpersonen der Modebranche (u. a. mit Modejournalist_innen). Zu Beginn des Projekts wurde vermutet, dass das Marketing-Credo „Brands, not products!“ zu einer performativen ökonomischen Regel geworden ist. Die Ergebnisse der empirischen Untersuchungen zeigen jedoch ein differenzierteres Bild: Prinzipiell wurde zwar die Überzeugung, ökonomische Werte seien heute primär durch symbolische Produktion zu generieren, in hohem Maße adaptiert. Doch gerade im Kontext der Wirtschaftskrise im Untersuchungszeitraum war bei den Bekleidungshersteller_innen eine Rückbesinnung auf die physische Produktion und eine Reduzierung von Investitionen in Marken festzustellen. Zudem stellte sich heraus, dass für ein erfolgreiches upgrading durch Markenbildung zu hohe Markteintrittsbarrieren in Form der Kosten für die Erzeugung massenmedialer Aufmerksamkeit bestehen. Allerdings haben die erwarteten Konsumwünsche in einigen untersuchten Fällen erheblichen Einfluss auf die räumliche Organisation der Produktion und der gesamten Wertschöpfungsketten (z. B. aufgrund der Vermeidung der Produktherkunft „Bulgarien“ für den russischen Markt oder der erwarteten Präferenz für „italienische Mode“ auf dem bulgarischen Markt]. Durch die Auswertung der Gruppendiskussionen konnten Vorstellungen über gesellschaftliche und räumliche Disparitäten analysiert werden, die sich im Sprechen über Kleidung, Mode und Marken widerspiegeln. Dazu zählen Differenzen zwischen Arm und Reich sowie Mächtig und Machtlos genauso wie Stadt-Land-Beziehungen und eine benachteiligte Position Bulgariens in der europäischen Peripherie. Wie die Ergebnisse des Projekts bestätigen, ist in der postsozialistischen Ära eine fundamentale Neuorientierung des Verständnisses von ökonomischen Werten und darauf basierender Praktiken festzustellen, bei der die Symbole des Konsums (vor allem Marken) und die Symbolkraft des Konsumierens eine zentrale Rolle spielen. Es zeigte sich jedoch auch, dass die Figur des Konsumismus bereits vor Beginn der Transformationsphase eine wichtige Rolle spielte und sich im Laufe der Transformationsphase immer wieder verändert hat und in ganz unterschiedlichen Varianten geträumt, gelebt, gefeiert oder auch abgelehnt wird.

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