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Lower Carboniferous floras from Northwest and Central Europe: differentation and modernization

Antragsteller Professor Dr. Hans Kerp
Fachliche Zuordnung Paläontologie
Förderung Förderung von 2008 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 89085168
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im 19. Jahrhundert und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurden eine Reihe von Pflanzenfossilabdrücken aus dem Unterkarbon Mittel- und Nordwesteuropas beschrieben. Neuere Bearbeitungen sind hingegen selten und die Klassifizierung unterkarbonischer Abdruckreste ist problematisch, da keine einheitliche Nomenklatur existiert. Vergleiche verschiedener Unterkarbonfloren sind daher schwierig. Basierend auf Material aus 13 europäischen Sammlungen und auf Literaturdaten wurden einige unterkarbonische Pflanzentaxa revidiert, darunter die Gattungen Fryopsis WOLFE und Anisopteris (OBERSTE-BRINK) HIRMER. Aus den oberviséischen Kulm-Plattenkalken von Becke-Oese wurde bisher unveröffentlichtes Material beschrieben und quantifiziert. Diese Flora gehört mit fast 700 Stücke und 29 Taxa zu den reichhaltigsten und artenreichsten Unterkarbonfloren Europas. Sie besteht hauptsächlich aus Pteridopspermen, in erster Linie Diplopteridium teilianum, welches 36.6% aller identifizierbaren Pflanzenfossilien ausmacht. Basierend auf der aktualisierten Taxonomie wurde die Verbreitung verschiedener Pflanzengruppen aus dem Visé von Nordwest- und Mitteleuropa analysiert. Des Weiteren wurde ein detaillierter Vergleich von fünf gleichaltrigen Floren aus Deutschland und Großbritannien durchgeführt, darunter die Flora von Becke-Oese. Interessanterweise ist die Flora von Becke-Oese denen aus Großbritannien ähnlicher als denen aus Ostdeutschland. Lycopsiden sind in Becke-Oese wie auch in Großbritannien selten, was vermutlich auf taphonomische Gründe zurückzuführen ist, da palynologische Proben aus Großbritannien viele Lycopsiden-Sporen enthalten. Diplopteridium, das häufigste Element in Becke-Oese, wurde bisher hauptsächlich in britischen Floren gefunden, tritt jedoch nicht in den Floren aus Ostdeutschland auf. Diese enthalten anstatt dessen frühe Vertreter von Pecopteris (BRONGNIART) STERNBERG, Neuropteris (BRONGNIART) STERNBERG und Lyginopteris POTONIÉ. Diese Gattungen sind eher aus oberkarbonischen Ablagerungen bekannt. Die Gattung Fryopsis WOLFE tritt nur in Mitteleuropa auf. Exemplare, die von den britischen Inseln beschrieben wurden, gehören hingegen zu Cardiopteridium nanum. Die Unterschiede in der Florenzusammensetzung können auf taphonomische Prozesse zurückzuführen sein, wie es bei den Lycopsiden der Fall ist. Sie können aber auch auf Unterschieden in der Ursprungsvegetation beruhen. Die Vegetation kann von Umweltfaktoren wie Klima, Substrat und Stabilität der Umwelt beeinflusst werden. Diese können zum Teil mit der Variszischen Orogenese zusammenhängen. Zusätzliche Informationen über unterkarbonische Pflanzen und ihre Umwelt konnten durch Sedimentproben aus Chemnitz-Glösa (Sachsen) gewonnen werden. Ein wichtiger und zudem unerwarteter Fund waren mehrere Typen von Bryophyten-Resten, unter denen sich die ältesten eindeutigen Vertreter von Moosen befinden. Diese Funde deuten an, dass Moose im Paläozoikum viel häufiger und diverser waren als bisher angenommen und sie Teil der karbonischen Feuchtlandökosystemen waren. Auch stellt sich heraus, dass die Torfmoose wesentlich älter sind als bislang aufgrund molekülarer Daten angenommen wurde. Des Weiteren wurde eine große Anzahl von Pflanzenkutikulen aus den Proben isoliert, die sich Pteridospermen, Lycopsiden und Sphenopsiden zuordnen lassen. Eine der Pteridospermen-Kutikulen zeigt Abdrücke von Pilzen. Die Lycopsiden-Kutikulen sind von besonderer Bedeutung, da sie neue Einblicke in die Variabilität mikromorphologischer Merkmale in dieser Gruppe liefern. Ähnlichkeiten mit Swillingtonia denticulata SCOTT & CHALONER, die als älteste Konifere beschrieben wurde, deuten darauf hin, dass es sich bei diesem Fossil eher um eine Lycopside handelt.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2009): Revision und Vergleich unterkarbonischer Floren aus Mittel- und Nordwesteuropa. – 79. Jahrestagung der Paläontologischen Gesellschaft, Bonn
    Hübers, M., Kerp, H. & Bomfleur, B.
  • (2010): Disperse Kutikulen aus dem Viseum von Glösa bei Chemnitz. – 80. Jahrestagung der Paläontologischen Gesellschaft, München
    Hübers, M. & Kerp, H.
  • (2010): Revision of Lower Carboniferous compression floras from Central and Northwest Europe. – 8th European Palaeobotany & Palynology Conference, Budapest
    Hübers, M. & Kerp, H.
  • (2011): An Early Carboniferous leafcolonizing fungus. – Neues Jahrbuch für Geologie und Paläontologie, Abhandlungen, 261: 77-82
    Hübers, M., Bomfleur, B. Krings, M. & Kerp, H.
  • (2011): Dispersed lycopsid cuticles from the Mississippian of Chemnitz (Saxony, Germany), and their implications for the affinity of the putative earliest conifer and for lycopsid palaeoecology. – Review of Palaeobotany and Palynology, 167; 10-15
    Hübers, M., Bomfleur, B. & Kerp, H.
  • (2011): Eine außergewöhnliche Makroflora aus dem Oberviseum von Becke-Oese. - 82. Jahrestagung der Paläontologischen Gesellschaft, Wien
    Hübers, M., Bomfleur, B. & Kerp, H.
  • (2011): The genus Fryopsis Wolfe (al. Cardiopteris Schimper): A taxonomic revision. – Review of Palaeobotany and Palynology, 167: 230-241
    Hübers, M. & Kerp, H.
  • (2012): Carboniferous bryophytes – Perspectives from a hiddden world? – XIIIth International Palynological Congress / IXth International Organization of Palaeobotany Conference, Tokyo
    Kerp, H., Hübers, M. & Gosny, O.
  • (2012): Oldest known mosses discovered in Mississippian (late Visean) strata of Germany. – Geology, 40: 755-758
    Hübers, M. & Kerp, H.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1130/G33122.1)
 
 

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