Erfassung und Auswertung des Repertoires des Leipziger Thomanerchors in einer Online-Datenbank für die Zeit von 1808 bis 2008
Final Report Abstract
Das im Rahmen des ESF-Projektverbundes „Wissensrohstoff Text“ fortgeführte DFG-Projekt zur Aufführungspraxis des Thomanerchores stellt eine Forschungsgrundlage zur Aufarbeitung der Leipziger Musikgeschichte dar. Ziel war es, eine EDV-gestützte Bestandsaufnahme zum Repertoire („Kanon“) des Leipziger Thomanerchores sowohl der Forschung als auch einer interessierten Öffentlichkeit online verfügbar zu machen. Die aufbereiteten Daten sollen einen Einblick in die Aufführungsstatistik (Erfassung von KomponistInnen und Werktiteln) und Aufführungspraxis (Besetzungen, Bearbeitungen, Spielorte, Mitwirkende) gewähren. Eine Datenbank mit verschiedenen Suchoptionen ermöglicht es den NutzerInnen, die jeweils gewünschten personenbezogenen, repertoireund programmstatistischen Auskünfte zu erhalten. Die Evaluation, welche sich auf eine Zeitspanne von zwei Jahrhunderten (1811-2011) konzentriert, soll die Statik und Dynamik des musikalischen, theologischen, stadt- und kulturgeschichtlichen Profils des Chores greifbar machen. Sie bildet ein Fundament nicht nur zur Darstellung des städtischen und kirchlichen Musiklebens in Leipzig, sondern ebenso zur Beurteilung der Chorpraxis in gesellschaftspolitischer Hinsicht. Die musikalische Repertoireforschung bietet eine Grundlage zur Erkundung der Rezeptionsgeschichte europäisch-abendländischer Kunstmusik. Die Frage, welche Werke wann und wo aufgeführt wurden, hilft zu verstehen, welche musikalischen Präferenzen an unterschiedlichen Orten zu unterschiedlichen Zeiten herrschten. Erst eine solche gesicherte Datenbasis erlaubt die Einschätzung der Bedeutung von KomponistInnen und ihrer Werke zu einer bestimmten Zeit in einem bestimmten Raum. Zugleich werden Sachverhalte hinsichtlich der Beliebtheit von KomponistInnen und Gattungen deutlicher, die bislang lediglich durch punktuelle Einzelforschungen vermutet werden konnten. Das Institut für Musikwissenschaft der Universität Leipzig hat hierfür zur Strukturierung der erfassten Daten gemeinsam mit dem Leipziger Institut für Informatik eine zentrale TopicMaps-Datenbank (http://thomaner.topicmapslab.de) erarbeitet, die zugleich von mehreren Projekten genutzt werden kann. Aufgrund dieser Verknüpfbarkeit besteht die Möglichkeit, weitere repertoirekundliche Projekte anzuschließen, für die sich die bereits im Thomanerportal angelegten Normdaten (Personen, Institutionen, Werke, etc.) nutzbar machen lassen. Vielleicht ist es nicht übertrieben zu behaupten, dass diese Datenbank im Bereich der Musikwissenschaft hinsichtlich der Datengenerierung und der Recherchemöglichkeiten qualitativ eine Novität darstellt, deren intersubjektiver und synergetischer Wert gerade durch die Verbindung mit anderen Projekten stetig zunimmt. Die einmal gewonnen atomaren (Personen, Institutionen usw.) und komplexen Normdaten (Kompositionen) stehen anderen Repertoire-Forschungsprojekten zum Aufbau einer Datenbank zur Verfügung und müssen nicht erneut angelegt werden. Andererseits generieren diese anderen Datenbanken selbst Normdaten, die dem Thomaner-Portal zu Verfügung stehen.
Publications
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„Alte italienische Kirchenmusik in Leipzig. Eine Studie zum Repertoire des Thomanerchors im 19. Jahrhundert“, in: Kirchenmusikalisches Jahrbuch 96 (2012), S. 33-41
Helmut Loos
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„Das Online-Portal zur Repertoire-Erforschung des Thomanerchores. Fragestellungen, Methoden und Zielsetzungen“, in: Forum Musikbibliothek. Beiträge und Informationen aus der musikbibliothekarischen Praxis 33 (2012), S. 34-39
Gilbert Stöck und Peter Scholz
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„Untersuchungen zum Repertoire des Leipziger Thomanerchores zwischen 1808 und 2008 auf der Grundlage EDV-gestützter statistischer Erhebungen“, in: 800 Jahre Thomana. Glauben – Singen – Lernen. Festschrift zum Jubiläum von Thomaskirche, Thomanerchor und Thomasschule, hrsg. von Stefan Altner und Martin Petzoldt, Leipzig 2012, S. 218–233
Helmut Loos, Gilbert Stöck und Nicole Waitz