Festlegung der Entwurfswerte der Schneelasten auf Satteldächern auf der Grundlage einer wahrscheinlichkeitstheoretischen Modellierung
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Für die direkte Ermittlung der Entwurfsschneelast stehen in Deutschland seit 1936 für eine zunächst stetig anwachsende Anzahl von Stationen Beobachtungsdaten in Form des Wasseräquivalents zur Verfügung, die im Rahmen von Extremwertstatistiken ausgewertet werden können. Aufzeichnungen der Schneehöhe beginnen erheblich früher und erfolgen bis heute für eine wesentlich größere Anzahl von Stationen. Dieser riesige Datenschatz lässt sich heben, wenn ein extrapolierbares probabilistisches Modell für die Schneedichte zur Verfügung steht. Ein konsistentes Modell für die effektive Schneedichte erfordert zeitgleiche Beobachtungen von Schneehöhe und Schneelast. Aus der Division der Extremwertverteilungen der beiden Zufallsgrößen ergibt sich bei Annahme der Gumbelverteilung ein zweiparametriges Schneedichtemodell mit einem Grenzwert der Schneedichte und einer Änderungsrate, dabei geht in die Berechnung der effektiven Schneedichte die Schneehöhe mit ihrem Kehrwert ein. Grundsätzlich sind die identifizierten Parameter der beteiligten Extremwertverteilungen empfindlich gegenüber Ausreißern. Einer wirklichkeitsnahen Identifikation und konsistenten Behandlung von Ausreißern kommt entsprechend eine besondere Bedeutung zu. Die Qualität der Identifikationsmethode lässt sich auf der Basis von Simulationen beurteilen. Beurteilungskriterien sind dabei der Anteil der identifizierten wahren Ausreißer und der Anteil irrtümlicher Ausreißer. Als Mindestanforderung lässt sich jeweils der Wert 50% ansetzen, d.h. mindestens jeder zweite Ausreißer wird erkannt, und maximal jeder zweite Ausreißer ist irrtümlich identifiziert. Wesentliches Ergebnis der Untersuchungen im Projekt ist die Erkenntnis, dass sich unter der Vielzahl der zur Verfügung stehenden statistischen Methoden praktisch keine findet, die eine merklich bessere Qualität als obige Mindestforderung ergibt. Die im Rahmen der Europäischen Schneelastforschung verwendete Methode erfüllt die Mindestanforderungen deutlich nicht. Eine konsistente Behandlung der Ausreißerproblematik gelingt, indem grundsätzlich um den Größtwert zensierte Stichproben verwendet werden, aus denen dann mittels BLUE die jeweils zwei beschreibenden statistischen Parameter Mittelwert und Standardabweichung bestimmt werden. Die hierfür benötigten Wichtungskoeffizienten werden im Rahmen des Projektes mit einer Näherung in Form einer Reihenentwicklung bestimmt, wobei Terme bis vierter Ordnung berücksichtigt werden. Grundsätzlich fordert der Eurocode ein Mindestvertrauenintervall von 75%. Die mittels BLUE gewonnen Schätzwerte liegen bei ca. 50%, d.h. sie erfüllen die Mindestforderung deutlich nicht. Eine Anpassung des Vertrauensintervalls gelingt über einen von der Stichprobengröße abhängigen Wichtungsfaktor für die geschätzte Standardabweichung. Dabei können beliebige Zielwerte für das Vertrauensintervall berücksichtigt werden. Im Rahmen des Projektes werden für das 75% und 90% Vertrauensintervall die Anpassungsfaktoren für Stichprobengrößen N von 16 bis 88 erarbeitet. Die statistische Stabilität des für eine individuelle Station ermittelten effektiven Schneedichtemodells lässt sich auf der Grundlage von Simulationen beurteilen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die zeitgleichen Extremwerte der Schneehöhe und der Schneedichte eine große positive Korrelation aufweisen. Die Simulation von korrelierten Zufallsvariablen mit beliebiger Zielwahrscheinlichkeitsdichte gelingt mittels Transformation von korrelierten, standard-normalverteilten Variablen auf korrelierte, gleichförmig verteilte Variablen, die dann anschließend auf die Zielvariablen transformiert werden. Da sich bei beiden Transformationsschritten Verzerrungen der Korrelation ergeben, ist vorab eine Analyse des entsprechenden Zusammenhangs zwischen Ein- und Ausgangskorrelation erforderlich. Für die Behandlung zeitgleicher Einwirkungen infolge von Wind und Schnee wird ein vereinfachter Ansatz mit effektiven Kombinationsfaktoren gewählt. Das ungünstigste Schnee-Windklima ergibt sich u.a. für Standorte an den Küsten. Dabei führt an diesen Standorten nicht jeder Sturm Schneemassen mit sich, entsprechend klein sind die Stichproben und entsprechend statistisch unsicher die geschätzten Korrelationen. Auch hier wird ein Vertrauensintervall zu berücksichtigen. Ein regionales Schneedichtemodell wird mittels Wichtung der Eingangsgrößen mit den Unsicherheiten in Abhängigkeit der Stichprobengröße und Variationskoeffizienten erarbeitet. Diese Strategie hat gegenüber dem üblichen Kriging-Verfahren den entscheidenden Vorteil, dass innerhalb einer Region alle Aufzeichnungsdaten berücksichtigt werden können. Die Methode ermöglicht zudem, die kumulative Wahrscheinlichkeitsfunktion für die vermittelnden regionalen Parameter Grenzschneedichte und Änderungsrate zu berechnen, die dann abschließend verwendet werden kann, um die Parameter konservativ mit einem vorgegebenen Vertrauenswert zu schätzen. Damit steht eine konsistente Methode zur Verfügung, um die riesige Menge an Beobachtungsdaten der Schneehöhe einer Extremwertanalyse für die Bestimmung der Entwurfsschneelast zu erschließen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
-
Probabilistic concepts in snow engineering - from observations to the specification of consistent design values including climate change, Proceedings 8th International Conference on Snow Engineering, Nantes, France, 14-16 June 2016
M. Kasperski
-
Specification of the design value of the ground snow load considering measurements of the snow height – part 1: single stations, Proceedings 8th International Conference on Snow Engineering, Nantes, France, 14-16 June 2016
B. Czwikla, M. Kasperski
-
Specification of the design value of the ground snow load considering measurements of the snow height – part 2: regional approach, Proceedings 8th International Conference on Snow Engineering, Nantes, France, 14-16 June 2016
M. Kasperski, B. Cwzikla