Geschichte der Juden im Osten des mittelalterlichen Reiches: Das Beispiel der Mark Brandenburg (13. - 16. Jahrhundert)
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt „Geschichte der Juden im Osten des mittelalterlichen Reiches: Das Beispiel der Mark Brandenburg (13.–16. Jh.)“ antwortet auf Defizite in der Grundlagenforschung zur Geschichte der Juden in der Mark Brandenburg und fragt nach der Bedeutung der jüdischen Präsenz im Kontext von mittelalterlicher Ostsiedlung, Landesausbau und Urbanisierung. Auf Grundlage vertiefender Archiv‐ und Quellenstudien wurde erstmals eine systematische Erfassung und Systematisierung der einschlägigen Archivalien vorgenommen. Die Auffindung bisher nicht bekannten oder unzureichend edierten Materials wurde für die Dissertation und für Einzelstudien des Bearbeiters fruchtbar gemacht; eine Sammlung von 133 Regesten wurde nebst einer Einleitung bereits online publiziert. Für die Siedlungsgeschichte konnten auf diese Weise wesentliche neue Erkenntnisse errungen werden (Umfang und zeitliche Schwerpunkte der Siedlung; Migrationswege; Folgen von Verfolgungen und Vertreibungen). Den Ergebnissen trägt eine datenbankgestützte Kartographie Rechnung: Unter Beteiligung von Geoinformatikern und Kartographen waren in diesem Zusammenhang konzeptionelle Probleme zu bearbeiten, die zu Beginn der Untersuchungen nicht absehbar waren. Die entstandenen Karten ersetzen ältere Darstellungen. Eine Untersuchung gemeindlicher Organisationsformen und kultureller Prägungen des Judentums in der Mark Brandenburg hat hinsichtlich der Alltags‐ und Memorialkultur präzisere Aussagen zu Gemeinsamkeiten und Unterschieden zwischen den Aschkenasim der Altsiedellande und jenen der Landesausbau‐ und Besiedlungsgebiete im Osten des mittelalterlichen Reiches ermöglicht. Eine Studie über die jüdischen Friedhofsbezirke in der Mark liegt vor. Die wirtschaftliche Tätigkeit der Juden in Handel und Handwerk – in den Quellen vor allem gut dokumentiert im Fleischereiwesen und unmittelbar zugehörigen Gewerbezweigen (Fleisch‐ handel, Viehhandel) – sowie ein wohl geringeres Übergewicht des Engagements im Finanzwesen weisen auf erweiterte Möglichkeiten der jüdischen Anteilnahme am Wirtschaftsleben hin, was auch Unterschiede in den christlich‐jüdischen Beziehungen im Alltag impliziert. Hinsichtlich der Beziehungen zu den Herrschaftsträgern und den Stadtgemeinden lassen sich enge Bindungen zu weltlichen Herrschenden erkennen, unter denen auch landsässige Adlige und bedeutende Grafen hervorzuheben sind; diese waren jedoch starken Schwankungen und grundlegenden Veränderungen unterworfen. Starke Bindungen an geistliche Herrschaftsträger – in den Altsiedellanden gut untersucht – sind in der Mark Brandenburg nicht zu beobachten. In den Städten genossen zahlreiche Juden Bürgerrecht, was zu weiteren, vergleichenden Untersuchungen im europäischen Kontext Anlass gibt. Insgesamt hat die Projektarbeit damit neue Erkenntnisse zu Aspekten der diffizilen Probleme rund um die sog. mittelalterliche deutsche Ostsiedlung erbracht, die sich insbesondere auf das Verhältnis zwischen Fürsten, Adligen und Städten und auf die zeitweise prekäre Stellung der Juden zwischen Ständen und Fürsten beziehen. Gerade hier wird der älteren Forschung eine zeitgemäße, differenziertere und quellengesättigte Darstellung gegenübergestellt.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Les communautés juives d’Europe. Une archéologie des minorités, in: L’Europe: Un continent redécouvert par l’archéologie, hg. v. Jean‐Paul Demoule, Paris 2009, S. 158–167, 207 f.
Lukas Clemens
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Jüdische Kultur beiderseits der Alpen in kulturlandschaftlichen Differenzierungen, in: Die Staufer und Italien, hg. v. Alfried Wieczorek, Bernd Schneidmüller und Stefan Weinfurter, Bd. 1: Essays, Stuttgart 2010, S. 325–332
Alfred Haverkamp
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Jüdische Friedhöfe in Aschkenas, in: Die Welt des Mittelalters. Erinnerungsorte eines Jahrtausends, hg. v. Johannes Fried und Olaf Rader, München 2011, S. 70–82, 494– 496. [Erneuter Druck in: Alfred Haverkamp, Neue Forschungen zur mittelalterlichen Geschichte (2000–2011). Festgabe zum 75. Geburtstag des Verfassers, hg. v. Christoph Cluse und Jörg R. Müller. Hannover 2012, S. 102–114.]
Alfred Haverkamp
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Jüdische Friedhöfe und Friedhofsbezirke in der spätmittelalterlichen Mark Brandenburg, in: Pro multis beneficiis. Festschrift für Friedhelm Burgard. Forschungen zur Geschichte der Juden und des Trierer Raums, hg. v. Sigrid Hirbodian u. a., Trier 2012 (Trierer Historische Forschungen 68), S. 129–146
Jörn R. Christophersen
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Quellen zur Geschichte der Juden in der Mark Brandenburg (1237– 1347). Zur Einführung, in: Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterli‐ chen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller. Online‐Publikation 2013
Jörn R. Christophersen
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Quellen zur Geschichte der Juden in der Mark Brandenburg (1237–1347), in: Corpus der Quellen zur Geschichte der Juden im spätmittelalterlichen Reich, hg. v. Alfred Haverkamp und Jörg R. Müller. Online‐Publikation 2013
Jörn R. Christophersen