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Deutschsprachige Kinder- und Jugendliteratur im Medienverbund 1900.1945

Fachliche Zuordnung Germanistische Literatur- und Kulturwissenschaften (Neuere deutsche Literatur)
Förderung Förderung von 2015 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 267702022
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Mit der Erforschung der Kinder- und Jugendliteratur und ihrer Medienverbünde in den Jahren 1900 bis 1945 hat das Projekt einen innovativen Beitrag zur Geschichtsschreibung der Kinder- und Jugendliteratur geleistet. Ausgehend von der systematischen Erfassung literarischer Stoffe im Hörfunk und Film wurden unter Einbeziehung von Büchern (Romane, Erzählungen, Märchen, Bilderbücher etc.) sowie des Kinder- und Jugendtheaters und Merchandising-Produkten 2.730 Medienverbünde mit all ihren AktantInnen rekonstruiert. Das Filmkorpus (bisheriger Forschungsstand ca. 100) beläuft sich auf knapp 2.000 Titel und verteilt sich etwa zur Hälfte auf die Zeit der Weimarer Republik, ca. 15% fällt in die Zeit des Kaiserreichs, ca. 35% in die NS-Zeit. Dominant ist der Stummfilm, neben 890 Spielfilmen wurden 422 Kurzfilme erfasst; 525 Realfilmen stehen 248 Animations- und Zeichentrickfilme gegenüber. Es zeigt sich u. a., dass die Stummfilmzeit zwar stark von Märchen- und Sagenverfilmungen geprägt ist, um 1900 aber auch der Beginn der Detektiv- und Abenteuerfilme sowie -serien zu verorten ist, die insbesondere ein junges Publikum anzogen. Diese als Schundfilme verschrienen Produktionen zeigen ganz unterschiedliche Beziehungen zur Literatur: Es gab Filme, die literarische Vorlagen verarbeiteten (z. B. Sherlock Holmes), solche, die Buchpublikationen nach sich zogen (z. B. Joe Jenkins) und wieder andere, die zu Groschenheftreihen inspirierten (z. B. Harry Piel). Für den bislang kaum erforschten frühen Hörfunk für Kinder und Jugendliche (1923-1945) mit seinem Unterhaltungs- und Bildungsauftrag wurden ca. 17.000 literarisch ausgerichtete Sendungen eruiert. Zu Beginn setzte man auf Märchenlesungen und Gedichtrezitationen, erfolgreich waren aber auch interaktive Formate, die Kinder am Script beteiligten oder im Studio improvisieren ließen, wie z. B. Lisa Tetzners Geschichten ohne Ende oder die Aufsatzstunden von Wilhelm Lamszus. Märchen waren im Untersuchungszeitraum die produktivste Stoffquelle für Hörspiele, neben den Kasperlespielen, die alle Sender im Programm hatten, sei es in Eigenproduktionen oder über Gastspiele der Puppenwanderbühnen. Zu nennen sind weiterhin regionalspezifische Stoffe (Märchen, Sagen, Schwänke), die von AutorInnen aus der Region oft in Mundart vorgetragen wurden. Den Bildungsauftrag für die Heranwachsenden erfüllte der Rundfunk einerseits mit dem Format der Jugendbühne (Dramen von Schiller, Goethe, Kleist etc.), andererseits wurde der Schulfunk genutzt, um den literarischen Kanon der Lehrbücher in Lesungen, Analysen, Zusammenfassungen zu verbreiten. Neben den Primärdaten zu Hörfunk, Film, Theater und Buch wurden ca.10.000 Sekundärtitel aufgenommen (Fachbeiträge, Fachbücher, Bekanntmachungen, Erlasse, Kurz- )Rezensionen von Filmen und Hörfunksendungen, Berichte in Zeitungen z. B. von Filmaufnahmen oder Filmvorführungen, Teaser etc.) Hinzu kommen ca. 3.000 Werbematerialien. Erfasst sind alle Daten in einer Online-Datenbank mit Mediathek und Visualisierungsmöglichkeiten, die öffentlich zugänglich ist. Die Visualisierung der Daten bietet u. a. die Möglichkeit, Medienverbünde in ihrer Konstitution zu profilieren, d. h. multimediale Expressionen eines literarischen Stoffes einschließlich sämtlicher involvierter AktantInnen abzubilden. Zu erschließen ist dabei die zeitgleiche Expansion eines Verbundes über diverse Medienformen, aber auch dessen chronologische Entwicklung im gewählten Untersuchungszeitraum 1900 bis 1945 sowie in Einzelfällen darüber hinaus. Die Forschungsergebnisse werden in dem bei Metzler erscheinenden Sammelband „Deutschsprachige Kinder- und Jugendliteratur im Medienverbund 1900-1945“ (2020) veröffentlicht. In der umfassenden Einleitung finden sich die Aufnahmekriterien für die Einzelmedien, die theoretischen Rahmungen des Projekts und ein Überblick über die Medienverbünde des Untersuchungszeitraums. Der erste Teil umfasst Überblicksartikel zum Kinder- und Jugendhörfunk, zur Entwicklung des Kinder- und Jugendfilms und des Kinderund Jugendtheaters sowie einen Beitrag zur Konzeption wie auch den Präsentations-, Visualisierungs- und Recherchemöglichkeiten der Datenbank. Der zweite Teil des Bandes versammelt 18 Aufsätze zu spezifischen Medienverbünden.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Billy Tom rettet Metropolis. Marginalie zu einer ungewöhnlichen Verwertungsgeschichte der Filmstandbilder Horst von Harbous. In: Preußer, Heinz-Peter (Hg.): Späte Stummfilme. Ästhetische Innovation im Kino 1924-1930. Marburg 2017, 318-327
    Weber, Annemarie
    (Siehe online unter https://doi.org/10.5771/9783741000836-318)
  • Bibliotheksdienstleistungen zur Unterstützung virtueller Forschungsumgebungen. Das DFG-Projekt „Deutschsprachige Kinder- und Jugendliteratur im Medienverbund 1900-1945“. Berlin, 14.6.2018 – 107. Bibliothekartag 2018
    Summann, Friedrich/Preis, Matthias
    (Siehe online unter https://doi.org/10.4119/kwi-826)
  • Hörbilder als Spielräume. (Syn-)Ästhetische Grenzgänge zwischen Hören und Sehen. In: Jantzen, Christoph/Josting, Petra/Ritter, Michael (Hg.): Ästhetik – Leserbezug – Wirkung. Ansprüche an Kinder- und Jugendliteratur im Wandel der Zeit. München: kopaed (kjl&m extra; 15), 187-197
    Preis, Matthias
  • Kooperative Entwicklung digitaler Services an Hochschulbibliotheken. In: Bibliotheksdienst 52 (2018) 8, 595-609
    Summann, Friedrich/Pfeiffer, Thies/Preis, Matthias
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1515/bd-2018-0070)
  • Deutschsprachige Kinder- und Jugendliteratur im Medienverbund 1900-1945. Stuttgart: Metzler, 2020 (Studien zu Kinder- und Jugendliteratur und -medien; 3). XIII, 619 S.
    Josting, Petra/Illies, Antonia Marlene/Preis, Matthias/Weber, Annemarie (Hg.)
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-476-05687-0)
  • Re-Kontextualisierung. Dekonstruktion des Ideologievorwurfs an Wilhelm Speyers Kampf der Tertia. In: Roeder, Caroline (Hg.): Parole(n) – Politische Dimensionen von Kinder- und Jugendmedien. Stuttgart: Metzler, 2020 (Studien zu Kinder- und Jugendliteratur und -medien; 2), 111-128
    Illies, Antonia Marlene
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-476-04848-6_8)
  • „Gehe niemals vom Wege ab …“. Fritz Genschows Rotkäppchen-Verfilmungen ideologisch auf Kurs. In: Roeder, Caroline (Hg.): Parole(n) – Politische Dimensionen von Kinder- und Jugendmedien. Stuttgart: Metzler, 2020 (Studien zu Kinderund Jugendliteratur und -medien; 2), 271-284
    Josting, Petra
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1007/978-3-476-04848-6_19)
 
 

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