Detailseite
Projekt Druckansicht

Kaisergewänder im Wandel: Goldgestickte Vergangenheitsinszenierung. Erstmals seit Mitte des 20. Jh. sollen die Kaisermäntel mit neuen Forschungs- und Analysemethoden untersucht werden, da eine epigraphische Autopsie Anlass gab, an der überlieferten Konzeption und dem Forschungsstand zu zweifeln.

Fachliche Zuordnung Kunstgeschichte
Förderung Förderung von 2015 bis 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 275328353
 
Die Bamberger Kaisermäntel sind die ältesten erhaltenen Gewänder im Kontext europäischer Herrscher und damit deutsches Kulturgut höchsten Ranges Sie prägen als Hauptzeugnisse frühromanischer Kunst unseren Blick auf die erste Jahrtausendwende. Diese sechs Zimelien der Textilkunst, darunter der berühmte Sternenmantel, der blaue Kunigundenmantel sowie das Bamberger Rationale, deutet man als Erinnerungsstücke an die Bistumsgründer Kaiser Heinrich II. und seine Gattin Kunigunde. Im ausgehenden Mittelalter wurden die Goldstickereien aus den originalen Trägerstoffen ausgeschnitten und auf neue Seiden appliziert. Seit dem 18. Jh. wird unkritisch rezipiert, dass diese Übertragung gemäß der ursprünglichen Komposition des frühen 11. Jh. ohne maßgebliche Veränderungen erfolgte. Bereits eine erste Autopsie im Rahmen epigraphischer Studien lässt an dieser These zweifeln. Bereits punktuelle Beobachtungen am Sternenmantel legen nahe, dass bei der Übertragung deutlich mehr verändert wurde, als bisher angenommen. Indizien weisen auf eine bewusste und tiefgreifende Veränderung der Textilien als Medien zur Inszenierung des Kaiser- und Heiligenkultes. Folglich ergeben sich für den Sternenmantel und alle anderen Textilien in seinem Umfeld einerseits Fragen nach der Ursprungskonzeption der einzelnen Stücke. Andererseits sind Fragen zu den spätmittelalterlichen Veränderungen, der Motivation und dem Ziel einer (Neu-)Inszenierung der Vergangenheit im Sinne der Verehrung des kaiserlichen Stifterpaares offen. Die Gewänder sind keineswegs abschließend behandelt, denn historische und kunsthistorische Literatur basieren bis heute auf den Erkenntnissen einer dokumentierten Restaurierung Mitte des 20. Jh., bei der viele grundlegende Untersuchungen, insbesondere die Analyse der verwendeten Metallfäden, nicht oder nur unspezifisch durchgeführt werden konnten. Auch die schriftlichen Quellen bedürfen erstmals einer kritischen Auswertung, die zusätzlich die diversen abgenommen, noch unbearbeiteten Textilfragmente berücksichtigt. Nach über 60 Jahren bietet sich nun die einmalige Chance, die Gewänder mit neuen Forschungsansätzen und Gewebeanalysemethoden zu untersuchen. Dabei wird nicht nur der Wissensstand kritisch zu hinterfragen sein, sondern mit Hilfe neuartiger, vergleichender minimalinvasiver Metallanalysen wird es möglich sein, die Veränderungen und ergänzenden Stickereien unterschiedlichen Zeitebenen zuzuordnen und die Ursprungskonzeption zu rekonstruieren. Angesichts der Bedeutung der Gewänder für Geschichte und Kunstgeschichte ergibt sich so eine neue Sicht auf die Zeit Heinrichs II. und die erste Jahrtausendwende. Außerdem lassen sich Fragen nach den Urhebern der Umarbeitungen an der Wende zur frühen Neuzeit und ihrer Intention völlig beantworten. Ein Blick auf die Neuinszenierung der Gewänder im Kontext der Rückbesinnung auf traditionell gedachte Wertesysteme im Nachkriegsdeutschland wird ermöglicht. Die Kunstgeschichte für diese Objekte bekommt ein neues Fundament.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Kooperationspartnerinnen / Kooperationspartner Dr. Norbert Jung; Professor Dr. Walter Koch; Professorin Dr. Annemarie Stauffer
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung