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Entscheidungsharmonie und Qualifikationsverkettung bei der Auslegung und Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen - Rechtsvergleich und Methodenentwicklung am Beispiel der Einkünfte- und Betriebsstättenqualifikation
Antragsteller
Professor Dr. Heribert M. Anzinger
Fachliche Zuordnung
Privatrecht
Öffentliches Recht
Öffentliches Recht
Förderung
Förderung von 2015 bis 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 284758003
Die uneinheitliche Auslegung und Anwendung von Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) führt insbesondere bei der Einkünfte- und Betriebsstättenqualifikation häufig zu doppelter (Nicht-)Besteuerung. Das Ergebnis widerspricht dem primären Vertragszweck von DBA, Doppelbesteuerung zu vermeiden. Es begründet, auch wenn es in doppelter Nichtbesteuerung besteht, in den nationalen Rechtsordnungen Konflikte mit staatenübergreifend anerkannten Besteuerungsprinzipien und ermöglicht wettbewerbsverzerrende Steuergestaltungen, die sich in Volkswirtschaften wohlfahrtsmindernd auswirken können.Zur Vermeidung von Auslegungs- und Anwendungswidersprüchen sind verschiedene Methoden entwickelt worden. Theoretisch vielversprechende, ursachenorientierte Ansätze sind die vertragszweckorientierte Auslegung mit dem Optimierungsziel der größtmöglichen Übereinstimmung mit der Abkommensinterpretation des anderen Vertragsstaates (Entscheidungsharmonie) und die mit der Abkommenssystematik begründete Anknüpfung an die Qualifikation im Quellenstaat (Qualifikationsverkettung). In der Praxis begegnen diese Methoden in vielen Staaten Vorbehalten, die mit befürchteten Souveränitätseinbußen, praktischen Schwierigkeiten und Methodenunsicherheiten begründet werden. In der Forschung sind sie bisher nur theoretisch, einzelfallbezogen oder aus nationaler Perspektive in den Blick genommen worden. Ziel des Forschungsvorhabens ist es, rechtsvergleichend Erkenntnisse über die dogmatische Rechtfertigung, die Geltung, die Anwendung und die Eignung der Methoden der Entscheidungsharmonie und der Qualifikationsverkettung zur Verhinderung von Widersprüchen bei der Auslegung und Anwendung von DBA zu gewinnen. Aus diesem Rechtsvergleich kann sich eine Erweiterung des Vorrats an Lösungen ergeben, mit denen die bestehenden Methoden weiterentwickelt werden sollen, um ihre rechtsordnungsübergreifende Akzeptanz und Eignung zur Vermeidung von Qualifikationskonflikten zu erhöhen.Dazu werden diese Methoden und ihre unterschiedliche praktische Bedeutung zur Verminderung von Qualifikationskonflikten bezogen auf einzelne Rechtsordnungen und deren Sicht auf das Abkommensrecht dargestellt und analysiert. Im Fokus sollen dabei Staaten stehen, die diese Methoden anwenden und solche, die sie ausdrücklich ablehnen. Damit verbunden wird eine rechtsvergleichende Analyse der Einkünfte- und Betriebsstättenqualifikationskonzepte einzelner Rechtsordnungen. Diese Analyse hat zum Ziel, zu ermitteln, ob nationale Qualifikationskonzepte staatenübergreifend harmonisierbar erscheinen und in einer harmonisierten oder vereinheitlichten abkommensrechtlichen Qualifikation münden können. Das Vorhaben ist in diesem zweiten Teil zweifach fokussiert auf die Abgrenzung der Einkünfte aus Unternehmensgewinnen und privater Vermögensverwaltung einerseits und die Qualifikation von Kommissionärsbetriebsstätten andererseits. Beide Fragen sind insbesondere für Private Equity und Venture Capital Gesellschaften bedeutsam.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen