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Heimatkonzepte, Grenzlinien und translokale Beziehungen in Russlands Exklave Kaliningrad

Antragstellerin Dr. Rita Sanders
Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Förderung Förderung von 2015 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 288042644
 
Das Projekt liefert die erste Ethnographie über die Wechselwirkungen von borders und boundaries und untersucht deren Verbindungen zu Migrationsprozessen und Zugehörigkeitsgefühlen in Kaliningrad. Das Gebiet Kaliningrad ist gekennzeichnet durch seinen historischen Bezug zum ehemaligen Königsberg und durch seine komplizierte Lage als russische Enklave innerhalb der EU. Die Region Kaliningrad wurde erst 1945 der Sowjetunion angegliedert, so dass die Immigration nahezu aller Bewohner Teil der eigenen oder der Familiengeschichte ist. Darüber hinaus wurde Kaliningrad mit dem Zusammenbruch der UdSSR eine 'crossroad city', wo Migranten aus Zentralasien und dem Kaukasus für eine Zeit leben, um schließlich weiter gen 'Westen' zu migrieren und umgekehrt andere aus dem 'Westen' zurückkehren, wohin sie aus ganz unterschiedlichen Teilen der ehemaligen UdSSR Jahre zuvor auswanderten. Das Projekt untersucht, wie verschiedene Migrantentypen in Kaliningrad heimisch werden und Ordnungen im Hinblick auf Institutionen, Organisationen, aber auch Alltagsroutinen und Identitäten schaffen. Die Forschung verortet sich als Beitrag zu Grenzstudien und untersucht so die Schaffung von Ordnungen und das Finden von Heimat aus dem Blickwinkel von Grenzziehungen und Grenzerfahrungen. Dabei werden Abgrenzungsprozesse als Linien verstanden, die staatliche Grenzen durchkreuzen können, so dass auch translokale Bezüge und Identitäten von Personen sowie Organisationen in die Untersuchung miteingeschlossen sind. Das Projekt arbeitet mit Konzepten zu Heimat, Translokalität und Grenze und verknüpft diese auf innovative Art und Weise. Das Forschungsvorhaben wird als ethnographische Feldstudie durchgeführt, so dass die Komplexität der Lebenswege von Menschen, ihre jeweiligen Umstände, Handlungen und Wahrnehmungen erfasst werden können. Durch die tägliche Interaktion entsteht eine kulturelle Vertrautheit, die ein Verständnis von Alltagsroutinen und situativ gebundenen Grenzziehungen erst möglich macht. Zudem kommen weitere Verfahren zum Einsatz, die eine Triangulation der Daten sicherstellen. So werden Interviews zu Lebensgeschichten und kognitive Tests durchgeführt sowie Genealogien und persönliche soziale Netzwerke aufgenommen. Die Ergebnisse des Projekts sind relevant für andere Forschungen zu Migration und Grenze, die zumeist im Westen oder Globalen Süden ihren Schwerpunkt haben. Zudem ist Kaliningrads Rolle als Zugang zur EU bislang nicht aus sozialanthropologischer Sicht untersucht worden, so dass die Studie ebenfalls relevante Erkenntnisse liefert für Praktiker aus den Bereichen Integration und Migration in Russland und darüber hinaus. Nicht zuletzt hat der jüngste Konflikt in der Ukraine gezeigt, wie wichtig Grenzen und Zugehörigkeitsgefühle am Rande der ehemaligen UdSSR werden können. So ist es Ziel dieses Projekts, das Wissen um unterschiedliche Wahrnehmungen und Praktiken von Heimat und Grenzziehungen in einer Zone des Übergangs zwischen 'Ost' und 'West' zu erweitern.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Russische Föderation
Mitverantwortlich Professor Dr. Ilya Dementiev
 
 

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