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Medikamentenbedingte unerwünschte Schwangerschaftsausgänge: Innovative Ereigniszeitanalyse für nicht-kontinuierlich exponierte Schwangerschaften in der nationalen Deutschen Embryotox Patientendatenbank

Fachliche Zuordnung Epidemiologie und Medizinische Biometrie/Statistik
Reproduktionsmedizin, Urologie
Förderung Förderung von 2016 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 288952608
 
Die Schwangerschaft ist die empfindlichste Phase im Leben eines Menschen. Toxische Stoffe können schwerste anatomische und funktionelle Defekte mit lebenslanger Auswirkung verursachen. Etwa 15-20% aller Schwangerschaften enden in einer Fehlgeburt, die neben der Fehlbildung zu den häufigsten unerwünschten Schwangerschaftsausgängen zählt. Die Vermeidung bekannter teratogener Expositionen stellt die einzige Chance dar, Fehlbildungen vorzubeugen. Teratogene Effekte werden nur bei Exposition im ersten Trimenon, dem Zeitraum der organspezifisch sensiblen Perioden, erwartet. Präzise Zusammenhänge zwischen empfindlichen Phasen und bestimmter Fehlbildungen wurden beim Menschen bisher nur für Thalidomid dargestellt. Auch für embryotoxisch verursachte Spontanaborte muss eine Zeitabhängigkeit angenommen werden. Empirische Evidenz bzgl. unerwünschter Effekte von Arzneistoffen in der Schwangerschaft basieren auf Beobachtungsdaten. Teratologische Informationszentren wie das deutsche Embryotox-Projekt erheben einzigartige prospektive Daten zur Untersuchung des Zusammenhangs von mütterlicher Medikation und Schwangerschaftsverlauf. Das deutsche Embryotox-Projekt verfügt über die größte derartige europäische Datenbank mit Schwangerschaften unter kritischer Medikation. Eine Schlüsselrolle bei der Ereigniszeitanalyse im Kontext pränataler Entwicklung spielt die Zeitskala 'Gestationsalter'. Eine Schwangerschaft kann jedoch erst ab dem Zeitpunkt beobachtet werden, an dem sie wahrgenommen bzw. diagnostiziert wurde, d.h. die Daten sind linkstrunkiert (verzögerter Studieneintritt). Die Medikamenteneinnahme stellt einen Prozess in der Zeit mit möglicherweise zeitdynamischen Risiken dar. Ferner sind Schwangerschaftsausgänge durch konkurrierende Risiken gekennzeichnet, da entweder Spontanabort, Lebendgeburt oder ein Abbruch möglich ist. Werden Linkstrunkierung, Medikationsdynamik und konkurrierende Risiken methodisch unzureichend berücksichtigt, muss mit verzerrten Ergebnissen gerechnet werden. Statistische Methoden der Ereigniszeitanalyse haben sich sowohl theoretisch als auch praktisch bewährt und werden seit kurzem erfolgreich auf Schwangerschaftsdaten angewendet. Die Analyse zeitabhängiger und -spezifischer Effekte unter Linkstrunkierung und konkurrierenden Risiken bei Schwangerschaftsdaten führt jedoch zu praktischen und methodischen Problemen, die Lösungen erfordern. Die Anzahl pathologischer Schwangerschaftsverläufe hat gesellschaftlich erhebliche Folgen. Deutschlandweit werden jährlich ca. 900000 Schwangerschaften registriert. Daraus resultieren ca. 130000 Fehl-, 660000 Lebendgeburten und mehr als 100000 Schwangerschaftsabbrüche. Eine exaktere Risikobeschreibung würde einerseits die Anzahl von Schwangerschaftsabbrüchen aufgrund häufig beobachteter Risikoüberschätzung senken. Andererseits könnten die mit schweren Fehlbildungen einhergehenden individuellen Leiden und die durch ggf. lebenslange Versorgung bedingten volkswirtschaftlichen Kosten vermieden werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Ehemaliger Antragsteller Professor Dr. Reinhard Meister, bis 7/2017
 
 

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