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Numerische Multiphysikmodellierung des postprandialen menschlichen Magens

Fachliche Zuordnung Mechanik
Förderung Förderung von 2017 bis 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 350481011
 
Gesundheitsprobleme, die in engem Zusammenhang zur Mechanik des Magens stehen, sind insbesondere in Industrieländern von höchster Bedeutung. So leiden beispielsweise 10% - 20% der Bevölkerung in westlichen Ländern an gastroösophagealer Refluxkrankhheit (häufig assoziiert mit Sodbrennen), die aus einem Missverhältnis von Mageninnendruck und Schließdruck des unteren Speiseröhrenmuskels resultiert. Etwa 10% - 45% der Bevölkerung leiden unter Dyspepsie (Verdauungsstörungen), die in vielen Fällen eng mit einer gestörten Motilität des Magens zusammenhängt. Insgesamt sind in Industrieländern die Gesundheitskosten, die in engem Bezug zum Magen und Verdauungstrakt stehen, vergleichbar mit denen von Herzkreislauferkrankungen. Dieser Wichtigkeit des Magens wird derzeit in der Biomechanik nur unzureichend Rechnung getragen. Im Programm des 7. Weltkongresses für Biomechanik im Jahr 2014 etwa ergibt eine Suche nach Fachbegriffen zum Herzkreislaufsystem (cardio, cardiac, vascular, heart, coronary, aneurysm, artery, arteries, arterial, athero/arteriosclerotic) 424 Treffer, eine Suche nach Fachbegriffen zum Magen (stomach, gastric, oesophagus, esophageal, esophagus) nur 3. Dreidimensionale Simulationen von Blutfluss in Arterien wurden bereits um 1990 publiziert, solche für den Speisebrei im Magen erst 2007. Simulationen von Fluid-Struktur-Interaktionen werden seit Mitte der 1990er Jahre für Blutgefäße durchgeführt, für den Magen bislang noch überhaupt nicht. Insgesamt liegt die Forschung in der numerischen Modellierung des Magens verglichen mit Blutgefäßen um etwa 20 Jahre zurück. Dieses Projekt zielt darauf ab, diese wichtige Lücke zu schließen und das erste numerische Multiphysik-Modell des menschlichen Magens zu entwickeln. Dieses Hauptziel soll in vier Schritten erreicht werden: erstens sollen menschliche Magengewebeproben in biaxialen mechanischen Experimenten untersucht werden, um geeignete Konstitutivparameter zu bestimmen; zweitens soll die dynamische Deformation des Magens während der Verdauung mit Hilfe von Magnetresonanztomographie (MRT) aufgezeichnet werden; drittens soll aufbauend auf diesen Daten ein numerisches Modell des menschlichen Magens entwickelt werden, das die mechanischen Eigenschaften der Magenwand, ihre Elektrophysiologie, die Fluidmechanik des Speisebreis im Magen sowie Fluid-Struktur-Interaktionen erfasst; viertens soll dieses numerische Modell für Simulationen genutzt werden, die erstmals ein mechanistisches Verständnis des komplexen Zusammenspiels der verschiedenen physiologischen Prozesse und Parameter im Magen erlauben sollen sowie der Art, wie diese die Verdauung von Nahrung im Magen beeinflussen. So soll das in diesem Projekt entwickelte Modell eine wichtige Basis bilden für zukünftige Forschungsprojekte, in denen der genaue Zusammenhang zwischen der Mechanik des Magens und Gesundheitsproblemen wie Verdauungsstörungen, Refluxkrankheit oder krankhaftem Übergewicht untersucht werden soll.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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