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CAOSS und Transzendenz – Zur Repräsentation und Verarbeitung von Nomenkomposita

Antragsteller Dr. Fritz Günther
Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung Förderung von 2018 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 392225719
 
Nomenkomposita, wie zum Beispiel Schlüsselreiz, bestehen aus zwei Konstituenten: dem Kopf (hier: Reiz) und dem Modifikator (hier: Schlüssel). Laut der Hypothese der morphologischen Transzendenz spielen die Bedeutungen dieser Konstituenten für die kognitive Verarbeitung und mentale Repräsentation von Komposita allerdings nicht direkt eine Rolle. Stattdessen wird angenommen, dass diese Konstituenten mit zunehmender Verwendungshäufigkeit veränderte Repräsentationen entwickeln, die von ihrer positionsgebundenen Rolle im Kompositum (Modifikator oder Kopf) abhängen. Im Falle von Schlüsselreiz oder Schlüsselposition zum Beispiel lässt sich erkennen, dass sich die Bedeutung von Schlüssel-, in der Rolle des Modifikators, von der ursprünglichen Bedeutung von Schlüssel als freies Wort unterscheidet. Es wird angenommen, dass diese positionsgebundenen Repräsentationen eine wesentliche Rolle für die Repräsentation und Verarbeitung von Komposita spielen. Im Falle sehr häufiger Modifikatoren wie Haupt- lässt sich beobachten, dass diese ihre freie Wortbedeutung (i.d.F. „Kopf“) praktisch verlieren und eine affix-ähnliche Funktion annehmen. Dies kann als weitere Veränderung in der Repräsentation des Modifikators, über die positionsgebundene Repräsentation hinaus, angesehen werden.Mit Hilfe von kompositionellen Methoden für Modellen der distributionellen Semantik lassen sich diese verschiedenen Repräsentationen direkt quantifizieren. In Modellen distributioneller Semantik werden Wortbedeutungen als hochdimensionale numerische Vektoren dargestellt, die über die Verteilung von Wörtern in großen Mengen natürlichen Texts errechnet werden. Kompositionelle Modelle wie das CAOSS-Modell erlauben es dann, einen Vektor für ein Nomenkompositum aus den Vektoren seiner Konstituenten zu berechnen. Als entscheidender Zwischenschritt werden in diesem Modell zunächst positionsgebundene Vektoren für Modifikator und Kopf aus den Vektoren der Konstituenten berechnet, die anschließend aufaddiert werden. Anhand dieser positionsgebundenen Vektoren für die Konstituenten lassen sich wesentliche Vorhersagen der Hypothese der morphologischen Transzendenz in einer Reihe komputationeller und experimenteller Studien überprüfen, die im vorliegenden Projektantrag beschrieben werden.In einem anderen kompositionellen Modell der distributionellen Semantik, dem Funktionsmodell, wird der Modifikator als lineare Funktion konzeptualisiert, die auf den Vektor des Kopfs angewandt wird, um den Vektor für das Kompositum zu errechnen. Ein solches Funktionsmodell lässt sich erfolgreich für die Darstellung von Affixen anwenden. Im zweiten Teil des hier vorgeschlagenen Projekts soll mithilfer komputationeller und experimenteller Methoden untersucht werden, ob ein solches Funktionsmodell für die Darstellung von Nomenkomposita besser geeignet ist als das CAOSS-Modell, wenn die Verwendungshäufigkeit der Modifikatoren ansteigt und diese affix-ähnliche Repräsentationen entwickeln.
DFG-Verfahren Forschungsstipendien
Internationaler Bezug Italien
 
 

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