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Lohngerechtigkeit in der europäischen Rechtsgeschichte

Fachliche Zuordnung Grundlagen des Rechts und der Rechtswissenschaft
Förderung Förderung von 2018 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 399923371
 
Das Projekt setzt neue Impulse in der rechtshistorischen Forschung, indem es mit der Entgeltfrage ein unterschätztes, aber wesentliches Problem der Arbeitsrechtsgeschichte und einen, zumindest hierzulande, kaum verwendeten Methodenansatz verbindet – die Gerechtigkeitsgeschichte. In der Sache werden Fragen der Lohnfindung in europäischer Dimension thematisiert, wobei die Spannweite von mittelalterlich-scholastischen Diskursen um gerechte Arbeitsvergütungen über Lohngerechtigkeitsmodelle der englischen Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts bis zu den mit der Auflösung des sog. Normalarbeitsverhältnisses identifizierten Lohnproblemen etwa nach 1970 reicht. Die nicht nur rechtsdogmatischen, sondern auch rechtsphilosophischen oder volkswirtschaftlichen Argumentationsansätze sollen umfassend rechtshistorisch kontextualisiert werden. Für dieses Unterfangen soll die arbeitsrechtshistorische Kompetenz der beiden Antragssteller verknüpft und ein besonderer Akzent auf die Förderung wissenschaftlichen Nachwuchses gelegt werden. Dabei entstehen ein thematisch-sektorenbezogener und ein akteurszentrierter Ansatz. Diese ergänzen sich gegenseitig, da Gerechtigkeitserwägungen in einer fragmentierten Arbeitswelt nicht selten an berufsständische Rollenbilder arbeitender Menschen anknüpften, gleichzeitig ihre Normativität aber aus spezifischen, historisch beschreibbaren Diskurszusammenhängen generierten, wie Scholastik, Kathedersozialismus, katholische Soziallehre, etc. Die analytische Zusammenführung beider Ansätze ermöglicht eine umfassende Bestandsaufnahme verschiedener Normativitäts- und Legitimitätsebenen der Arbeitsvergütung in horizontaler und vertikaler Perspektive. Exemplarisch angelegte Teilprojekte, die sich diesen Fragen z.T. in Form von Dissertationen widmen sollen, thematisieren etwa Kämpfe um Lohnsittenwidrigkeit vor den deutschen Gewerbegerichten, Gerechtigkeitsfragen von Frauen- und Kinderlöhnen in Deutschland und Frankreich oder die Entstehung des beamtenrechtlichen Alimentationsprinzips. Die daraus entstehenden Synergieeffekte werden zur Bildung einer überzeitlichen Typologie von Gerechtigkeitskriterien in Europa führen, deren spezifische Verwendung jedoch in bestimmten historischen Formationen verortet werden kann, beispielsweise als Nahrung des Zunfthandwerkers oder als durch Minimalvergütung abgesichertes Leistungsäquivalent der Heimarbeiterin. Diese Typologie soll Fachkollegen auf einer Abschlusstagung vorgestellt und dort kritisch überprüft werden, wobei sich gerade durch die Abstraktion der Fragestellung eine Möglichkeit für internationale Wissenschaftsdialoge bietet. Projektergebnisse sollen in Form von Monographien, Fachaufsätzen und einem Sammelband publiziert werden. Auf diese Weise wird zugleich Orientierungswissen zu aktuell gesellschaftlich relevanten Debatten der Lohn- und Arbeitsmarktgesetzgebung erarbeitet, indem historische Spiegelungen der Verbindung individueller Existenzfragen mit juristischer Systemgerechtigkeit ermöglicht werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Kooperationspartner Professor Dr. Friedrich Lenger
 
 

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