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"Industrie der Optimisten.” Tourismus als Entwicklungsstrategie in Ostafrika (1950er-frühe 1990er)

Antragstellerin Dr. Dörte Lerp
Fachliche Zuordnung Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Förderung Förderung von 2019 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 415980200
 
Im Verlauf des 20. Jahrhunderts hat sich Tourismus zu „einer beeindruckenden gesellschaftlichen wie sozialen Kraft entwickelt“ (Berghoff / Korte 2002, 1). Tourismus ist zu einem globalen Phänomen angewachsen dessen Einfluss „Gesellschaft, Politik Kultur und vor allem die Wirtschaft umfassend durchdringt“ (Gyr 2010). Angesichts dieses Einflusses überrascht es nicht, dass Tourismus auch als „effektives Mittel“ ökonomischer und gesellschaftlicher Entwicklung angesehen wird, insbesondere für Zielregionen im globalen Süden (Telfer / Sharpley, 3). Man könnte allerdings auch argumentieren, dass erst diese kontinuierlichen Hoffnungen, die in den Tourismus als Entwicklungsfaktor gesetzt wurden, ihn zu dem machten, was er heute ist: eine der größten globalen Industrien.Als die gerade unabhängig gewordenen Staaten Afrikas in den 1960er Jahren beschlossen, Tourismus als Entwicklungsstrategie zu verfolgen, war ein Erfolg dieser Strategie keineswegs abzusehen – nichtsdestotrotz herrschte großer Optimismus. Man erwartete eine Steigerung von Deviseneinnahmen und des Bruttosozialprodukts, mehr staatliche Einnahmen und Arbeitsplätze. Investoren erhofften sich von Projekte im Globalen Süden Marktvorteile und stabile Gewinne. Die ökonomische Krise der 1970er Jahre und die zunehmend sichtbaren negativen Einflüsse auf Umwelt und Sozialleben der Zielländer trübten diesen Optimismus zeitweise. Doch dachte die Mehrheit der Regierungen und Finanziers nicht daran, Tourismus als Entwicklungsstrategie aufzugeben. Er wurde weiterhin befürwortet, allerdings wurden die hochgesteckten Erwartungen der Anfangszeit modifiziert.Mit einer vergleichenden Analyse des ostafrikanischem Safaritourismus in Kenia und Tansania versucht das Forschungsprojekt herauszufinden, was diesen Optimismus antrieb. Wie kamen postkoloniale Regierungen, Finanzinstitutionen und private Investoren dazu, gerade Tourismus als erfolgreiche Entwicklungsstrategie anzusehen? Und wie veränderten sie ihre Erwartungshaltungen angesichts der ökonomischen Krise, als nicht nur die Gästezahlen sanken, sondern auch der Glaube an schnelles ökonomisches Wachstum als alleiniger Indikator für Entwicklung in Zweifel gezogen wurde? Ausgehend von der Annahme, dass die beteiligten Akteure ihre Erwartungshaltungen nicht unabhängig voneinander formulierten, konzentriert sich das Forschungsprojekt auf die sozialen Kontexte und Netzwerke, die den Glauben an „Tourismus als Entwicklung“ beförderten. Es untersucht, wie weit die Präferenzen, Identitäten und sozialen Normen der Akteure von historischen Prozessen wie Dekolonisierung, Blockkonfrontation und Globalisierung beeinflusst wurden. Es analysiert insbesondere die Rolle und Funktion von Expertennetzwerken und internationalen Organisationen im Prozess der Formierung ökonomischer Erwartungshaltungen. Dabei wird untersucht, wessen Visionen und Konzepte der Zukunft letztlich erfolgreich waren bei der Formulierung von Entwicklungsstrategien – und wessen Ansätze verworfen wurden.
DFG-Verfahren Schwerpunktprogramme
 
 

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