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Transimperiale armenische Mobilität und der Aufstieg des osmanischen Tokat

Fachliche Zuordnung Frühneuzeitliche Geschichte
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 446518862
 
Das Projekt untersucht die Mobilität und Kultur der anatolischen Armenier im 17. und 18. Jahrhundert am Beispiel der Stadt Tokat (armenisch Եւդոկիա Ewdokia), eines frühneuzeitlichen wirtschaftlichen und kulturellen Zentrums der Armenier in Anatolien. Während die Geschichte der Armenier im damaligen Polen-Litauen (Lemberg, Kamieniec, Zamość), auf der Krim, im persischen Safawidenreich (Neu-Julfa in Isfahan) und in Konstantinopel besser erforscht ist, gilt dies nicht für Anatolien. Tokat wurde im Kontext der safawidisch-osmanischen Kriege seit dem späten 16. Jahrhundert zu einem armenischen Zentrum, zahlreiche Bewohner aus dem östlichen Kriegsgebiet flohen ins sichere Tokat und bauten dort ein Wirtschafts- und Kulturzentrum auf, das zwischen Isfahan, den geistlichen Zentren in Armenien und den armenischen Gemeinden in Polen-Litauen und in der Moldau vermittelte. Persische Kultur und mitteleuropäische Theologie wurden so vermittelt und eigenständig weiterverarbeitet, Tokat wurde zu einer Drehscheibe eines transosmanischen Kulturtransfers.Historiographisch stand diese Epoche in der Forschung zu den Armeniern stets im Schatten der mittelalterlichen armenischen Königreiche und der modernen Vorgeschichte und Geschichte des Völkermords an den Armeniern. Gerade die anatolische Geschichte der armenischen Gemeinschaften in der frühen Neuzeit ist deshalb kaum erforscht, ihre Aufarbeitung ein wichtiges Desiderat.Das Projekt basiert auf verstreuten Quellen und zahlreichen, zeitgenössisch und später kopierten Abschriften zur Geschichte von Tokat, da Materialien vor Ort die Gewaltgeschichte des späten 19. und 20. Jahrhunderts nicht überdauert haben. Tokat kann dabei als Beispiel für andere anatolische Städte mit armenischen Gruppen und Netzwerken gelten, diese werden dezidiert als Teil einer osmanischen und transosmanischen Geschichte aufgefasst.Methodisch werden prosopographische Daten und Biographien von Wirtschaftsakteuren, Schriftstellern, Übersetzern und Geistlichen aus Tokat analysiert; diese werden dabei vor allem mit Hilfe der Akteur-Netzwerk-Theorie aufgearbeitet. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich wirtschaftliche und kulturelle transosmanische Netzwerke überschnitten und auch Akteure sowohl in den in das Safawidenreich als auch in den nach Polen-Litauen reichenden Netzwerken aktiv waren (vgl. die Biographie von Hakob Tokhattsi).
DFG-Verfahren Schwerpunktprogramme
 
 

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