Detailseite
Projekt Druckansicht

Die asiatische Frontier aufnehmen. Nahrung und essensbezogenes Wissen in Sibirien des 17. und 18. Jahrhunderts

Fachliche Zuordnung Frühneuzeitliche Geschichte
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 457841600
 
Das Projekt untersucht, welche Rolle Essen und essensbezogene Praktiken, Wissens- und Glaubensbestände bei der Erforschung und Aneignung Sibiriens durch das Moskauer Reich und das Petersburger Imperium im 17. und 18. Jahrhundert spielten. Das Projekt fragt danach, wie Ernährung die Interaktion und gegenseitige Wahrnehmung der indigenen Bevölkerung und der sibirischen frontier society (Kosaken, Kaufleute, Missionare, Siedler, Beamte, Exilanten sowie russische und ausländische Forscher und Reisende) beeinflusst hat. Untersucht werden soll die These, dass Ernährungspraktiken und -theorien die Erforschung und Verwaltung Sibiriens sowohl erleichtert als auch erschwert haben und damit von zentraler Bedeutung für die Eroberung dieses riesigen und unwirtlichen Gebiets waren. Damit soll gezeigt werden, wie Essenspraktiken in religiöser, politischer, kultureller und intellektueller Hinsicht als Instrument wie auch als Hindernis für die Integration Sibiriens in das Zarenreich wirkten. Dies erlaubt eine innovative Perspektive auf die Geburt des russländischen Imperiums. Bisher wurde die Rolle des Essens in den Forschungsarbeiten zu dieser Region weitgehend übersehen. Das Projekt setzt sich deshalb zum Ziel, Ernährung als ebenso alltäglichen wie grundlegenden Faktor imperialer Herrschaft in der transkulturellen Kommunikation zwischen den Indigenen Sibiriens und den nichtsibirischen Fremden systematisch zu untersuchen. Damit leistet es einen Beitrag zum Verständnis des subtilen und dennoch sehr physischen Aspekts transkultureller Kommunikation.Als Quellen dienen Chroniken, Akten (z. B. Berichte der lokalen Verwaltung), Selbstzeugnisse, Studien und Artefakte von Handelsreisen und wissenschaftlichen Expeditionen nach Sibirien im 17. und 18. Jahrhundert. Dieses breit angelegte Korpus wird zudem durch zeitgenössische Schriften aus Medizin, Ethnographie, Religion und politischer Theorie ergänzt.Methodisch stützt sich das Projekt auf Methoden der Verflechtungsgeschichte. Diese Perspektive wird auch dazu beitragen, Übertragungen und Transformationen von Gewohnheiten, Wissensbeständen und Vorstellungen in Bezug auf Ernährung zu analysieren, wie sie zwischen Sibirien, der russischen Metropolen sowie in Europa und global zirkulierten. Zusätzlich können Methoden des historischen Vergleichs und der Diskursanalyse zeigen, wie sich Praktiken, Einstellungen und Diskurse im Zusammenhang mit Nahrung und Essen über den Untersuchungszeitraum hinweg verändert haben.Das Projektzielt darauf ab, die bekannte Geschichte von der Eroberung Sibiriens aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten. Mit der Erforschung des Wandels, des Transfers und der gegenseitigen Einflüsse, die Ernährungspraktiken und -theorien hervorriefen, kann die Studie zeigen, dass die Aneignung und Erforschung Sibiriens ein wechselseitiger Prozess war, der nicht nur die sibirischen Indigenen betraf, sondern auch diejenigen, die Sibirien zu unterwerfen, zu transformieren und zu verstehen suchten.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung