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Generationen des islamischen Aktivismus: Kultureller und ideologischer Wandel bei der arabischen Muslimbruderschaft (ca. 1970-heute)

Antragsteller Dr. Sebastian Elsässer
Fachliche Zuordnung Islamwissenschaft, Arabistik, Semitistik
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 508403725
 
Seit ihrer Gründung und schnellen Ausbreitung zwischen den 1930er und 1950er Jahren ist die Muslimbruderschaft (MB) eine der wichtigsten religiös-gesellschaftlichen Bewegungen in der arabischen Welt. Die bisherige Forschung hat die MB zwar ausführlich untersucht, ist in ihren Ansätzen und Fragestellungen aber überwiegend politikwissenschaftlich geprägt geblieben. Dieses Forschungsprojekt hingegen schlägt einen soziologisch und kulturwissenschaftlich inspirierten Perspektivwechsel vor und untersucht die MB nicht primär als politische Organisation, sondern als soziokulturelles Milieu im Wandel der Generationen. Es hat sich zum Ziel gesetzt, auf der Basis neuerer Entwicklungen in der soziologischen und zeitgeschichtlichen Generationenforschung bestehende Erklärungsansätze zum Generationenwandel in der MB kritisch zu überprüfen und auf einer solideren empirischen Basis konzeptuell weiterzuentwickeln. Mit einem Interview-basierten oral-history Ansatz und einem diversen Forschungsteam setzt das Projekt neue methodische und praktische Akzente: In ausführlichen Leitfadeninterviews sollen die drei Projektmitarbeiter, darunter eine Frau, 60 Mitglieder (männlich und weiblich) der arabischen MB in der Türkei, in Jordanien, im Libanon und in Katar befragen. Das Untersuchungssample soll Vertreterinnen und Vertreter unterschiedlicher Altersgruppen enthalten. Das Forschungsdesign operationalisiert den Generationenbegriff in drei unterschiedlichen Facetten: Zum einen fragt es – jeweils innerhalb der MB – nach der kulturellen und sozialen Prägung unterschiedlicher Kohorten und nach sozialwissenschaftlich feststellbaren Generationendifferenzen, wovon es – zweitens – generationelle Selbstbeschreibungen unterschiedet. Drittens nimmt es die Transgenerationalität innerhalb der MB in den Blick, also ob und wie Zugehörigkeit zur Organisation innerhalb von Familien „vererbt“ wird. Der Interviewleitfaden setzt sich folglich aus Fragen zum familiären und sozialen Hintergrund, zum persönlichen Werdegang und zu prägenden Ereignissen zusammen. Dazu kommen Fragen zu politischen, kulturellen und religiösen Einstellungen und zu Art und Motivation des „islamischen“ Engagements. Schließlich werden die Interviewten auch zu ihrer eigenen Sicht auf den Generationenwandel innerhalb der MB befragt.Durch die damit ermöglichte Langzeitperspektive spürt das Projekt tiefliegende gesellschaftliche Wandlungsprozesse und ihre Auswirkungen auf die MB auf, z.B. das (geschlechtsabhängig) zunehmende Bildungsniveau, Migrationsmuster oder der demographische Übergang. Es situiert den „politischen Islam“ konsequent in seinem gesellschaftlichen Kontext. Mit diesem innovativen und explorativen Ansatz soll der politikwissenschaftlichen Engführung der Islamismus-Forschung entgegenwirkt und vielfältige interdisziplinäre Vergleichsperspektiven mit der soziologischen, anthropologischen und zeitgeschichtlichen Forschung über andere Länder und gesellschaftlich-religiöse Milieus eröffnet werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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