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Anarchismus, Gewalt und nationale Revolution verhandeln: Repräsentationen ukrainischer Warlords 1917–1921 in Literatur und Film in vergleichender Perspektive

Antragstellerin Dr. Tetiana Portnova, Ph.D.
Fachliche Zuordnung Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 524595545
 
Ziel meines Forschungsprojekts ist es, die Komplexität und Vielfalt literarischer, filmischer und populärkultureller Darstellungen des ukrainischen Warlordismus (otamanshchyna) zu untersuchen. Während das Phänomen der otamanshchyna und seiner Rolle in den revolutionären Ereignissen von 1917–1921 in der historischen Forschung inzwischen gut erforscht sind, gibt es bisher keine systematischen Untersuchungen der breiten transnationalen künstlerischen und populärkulturellen Rezeption des Warlordismus. Mit dem beantragten Projekt beabsichtige ich, meine Forschung zu diesem Themenkomplex, mit der ich bereits vor dem russischen Angriffskrieg begonnen habe, intensiv fortzusetzen, um eine monographische Arbeit über die Repräsentationen des ukrainischen Warlordismus seit den Anfängen in den 1920er Jahren bis heute vorzubereiten. Das Projekt hat eine vergleichende Dimension, da es nicht nur ukrainische und russische, sondern auch jüdische und mennonitische Quellen systematisch untersucht und darüber hinaus Darstellungen in französischen, polnischen und britischen literarischen Texten berücksichtigt. Insbesondere drei Aspekte der verschiedenen, teilweise stark politisierten bzw. konkurrierenden Verhandlungen des ukrainischen Warlordismus erscheinen als zentral: der anarchistische Charakter der Bauernaufstände, die Gewalt und die Frage der nationalen Revolution. In den jeweiligen nationalen bzw. konfessionellen kulturellen Gedächtnissen werden diese zentralen Aspekte des ukrainischen Warlordismus unterschiedlich verhandelt und zum Teil widersprüchlich symbolisch kodiert. Folgende Problemfelder sind für mein Projekt relevant: 1) erste Berichte der Augenzeugen und erste literarische Auseinandersetzungen mit dem Warlordismus in der ukrainischen und russischen Literatur der 1920er Jahre; 2) Opferperspektive: Rückgriffe auf die Geschichte der bäuerlichen Aufstandsbewegung in der jüdischen und mennonitischen Literatur (von den 1920er Jahren bis heute); 3) Strategien der kommunistischen Zensur: Bauernkriegsherren in der sowjetischen Literatur und im sowjetischen Kino (1930er-1980er Jahre); 4) Verhandlung des Anarchismus in den westlichen Literaturen und im westlichen Film; 5) weibliche Anführerinnen der Aufstände und die Perspektive der Frauen auf die soziale und nationale Revolution (in der ukrainischen und russischen Literatur und im Film); 6) gegenwärtige Verhandlungen des Warlordismus in der ukrainischen Literatur und Populärkultur. Mein Forschungsprojekt ist an der Schnittstelle von Kulturgeschichte und Kulturwissenschaft (einschließlich Literatur- und Filmanalyse) angesiedelt. Es erfordert eine starke zeithistorische und kulturelle Kontextualisierung sowie interdisziplinäre Analysetechniken, darunter auch die der Diskursanalyse. Eine wichtige Forschungsperspektive stellt für mich auch das Betrachten von literarischen Texten und Filmen, die sich mit historischen Themen befassen, als ein mächtiges Instrument der historischen Gedächtnisbildung.
DFG-Verfahren WBP Stelle
 
 

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