Detailseite
Projekt Druckansicht

Predictive Coding als Zugang zur Schizophrenie: Dysfunktionelle Interaktion sprachlicher Ebenen?

Antragsteller Dr. Yifei He; Dr. Lars Meyer
Fachliche Zuordnung Biologische Psychiatrie
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 529614204
 
Schizophrenie ist durch ausgeprägte Sprachstörungen gekennzeichnet, die auf mehreren Ebenen des Sprachsystems auftreten, von der auditiven Wahrnehmung auf niedriger Ebene bis zur semantischen Verarbeitung auf höherer Ebene. Bis heute ist die Neuropathologie dieser Sprachdefizite nicht geklärt. Hier streben wir danach, eine einheitliche elektrophysiologische Erklärung im Rahmen der Theorie des Predictive Coding zu liefern, die Sprachstörungen bei Schizophrenie als Ungleichgewicht zwischen internen Vorhersagen und eingehenden sensorischen Reizen erklärt. Ausgehend von bestehenden Studien der klinischen Neurowissenschaft, die Sprachstörungen innerhalb einzelner linguistischer Ebenen untersuchen, stellen wir die Hypothese auf, dass Patienten in der Interaktion zwischen Vorhersage auf höheren abstrakten linguistischen Ebenen und Vorhersagefehlern auf niedrigeren auditiven Sinnesebenen beeinträchtigt sind. Wir denken weiterhin, dass die Untersuchung dieser Beeinträchtigungen eine phänomenologische Erklärung für das funktionelle Defizit liefern kann, welches auditiven Halluzinationen zugrunde liegt. Zu diesen Zwecken werden wir die Elektroenzephalographie (EEG) einsetzen, um die Sprachwahrnehmung und -verarbeitung zwischen drei Gruppen zu vergleichen: Patienten mit Schizophrenie mit und ohne auditorische Halluzinationen sowie gesunde Kontrollpersonen, die in drei Arbeitspaketen (WP) untersucht werden. In WP1 untersuchen wir die auditive Wahrnehmung in Form von Silbenauslassung mit einem klassischen Oddball-Paradigma und einem satzbasierten Paradigma, um zu testen, ob die Interaktion zwischen statistischer (Oddball) / semantischer Vorhersage und auditiver Wahrnehmung bei Schizophrenie beeinträchtigt ist. In WP2 wird mit derselben Hypothese ein naturalistisches Paradigma verwendet, bei dem wortweise quantitative Indizes der semantischen Vorhersage und des Vorhersagefehlers auf Phonemebene durch Computermodellierung erzeugt und zur EEG-Analyse herangezogen werden. In WP3 untersuchen wir das (Un-)Gleichgewicht zwischen Erregung und Hemmung mit Hilfe der Ruhe-EEG. Wir stellen die Hypothese auf, dass EEG-Marker für dysfunktionale sprachliche Vorhersagen (ereigniskorrelierte Potenziale, neurale Oszillationen) zwischen Patienten und Kontrollpersonen sowie zwischen Patienten mit und ohne auditorische Halluzinationen unterscheidbar sind. Zusätzlich werden die EEG-Marker aus WP1-3 in WP4 mit Methoden des maschinellen Lernens weiter analysiert, um zu testen, ob sie eine EEG-basierte Klassifizierung und Clusterbildung ermöglichen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Projekt erstmalig die Beeinträchtigung der sprachlichen Vorhersage und des Vorhersagefehlers in ihrer Interaktion über verschiedene sprachliche Ebenen hinweg bei Schizophrenie mit Hilfe von EEG untersucht und damit nicht nur ein schärferes neurobiologisches Verständnis der Sprachdefizite bei Schizophrenie liefert, sondern auch translationales Wissen, das der klinischen Praxis zugute kommen wird.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung