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Rasse und Freiheit: Afrikaner in der polnisch-litauischen Adelsrepublik am Vorabend der Moderne

Antragsteller Vitali Byl
Fachliche Zuordnung Frühneuzeitliche Geschichte
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 530815276
 
Die Proto-Globalisierung der Frühen Neuzeit förderte die Mobilität von Menschen über die Kontinente hinweg, auch in Form von Menschenhandel. Diese Entwicklung schuf neue Machtstrukturen, in denen soziale Unterschiede oft mit Hautfarben korrelierten und welche den modernen Begriff der ‚Rasse‘ prägten. Auch außerhalb der Kernregionen der Interaktion inspirierten diese Ideen rassistische Ideologien. Das vorliegende Projekt untersucht die Begegnungen zwischen den Rassen und ihre Auswirkungen im vormodernen Europa, insbesondere in Polen-Litauen. Diese Gesellschaft war ein Hinterland der atlantischen Wirtschaft, stand aber auch in Beziehung mit der eurasischen Steppe und dem Nahen Osten. Die Studie konzentriert sich darauf, wie die polnisch-litauische Gesellschaft mit der rassifizierten Idee der Freiheit und ihrer praktischen Umsetzung gegenüber Neuankömmlingen und Einheimischen afrikanischer Herkunft umging. Dazu werden drei Fälle aus dem Zeitraum zwischen Mitte des 18. und frühen 19. Jahrhunderts untersucht. Die erste Fallstudie widmet sich afrikanischen Untertanen eines mächtigen Magnatenhauses Radziwill und ihre Rolle in der Gutsökonomie sowie im kulturellen Rahmen der polnisch-litauischen Ideologie und Kultur. Die zweite Fallstudie untersucht die Überschneidung von Abolitionismus und Leibeigenenemanzipation sowie die Fähigkeit der polnisch-litauischen Gesellschaft, einen ‚rassisch fremden‘ Ausländer aufzunehmen, anhand der Erfahrungen von Jan Lapierre, dem schwarzen Kammerdiener von T. Kościuszko. Die dritte Fallstudie konzentriert sich auf einen gemischtrassigen polnischen Aristokraten und Offizier Władysław Jabłonowski, der für die Unabhängigkeit und bürgerliche Freiheit seines Landes kämpfte, aber auch an der französischen Militärexpedition zur Niederschlagung der haitianischen Revolution im Jahr 1802 teilnahm. Das Projekt untersucht, inwieweit die eigenen Erfahrungen mit (Un-)Freiheit und Vielfalt sowie fremde Vorstellungen von Rasse und Sklaverei den internen Diskurs, die Weltsicht und die Praktiken der polnisch-litauischen Gesellschaft gegenüber Afrikanern im In- und Ausland beeinflussten. Die Absicht ist es, zu finden, wie eine landumschlossene Agrargesellschaft wie Polen-Litauen in die globale Wirtschaft der Zwangsarbeit, der Fernmigration und des Menschenhandels sowie des Ideenaustauschs eingebunden war. Die Betrachtung dieser Fälle stellt einen bahnbrechenden Versuch dar, die verstreuten Zeugnisse der schwarzen Geschichte Osteuropas zusammenzufügen und eine neue Perspektive auf die regionale Geschichte im globalen Kontext zu eröffnen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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