Der Zweite Weltkrieg im italienischen Roman - Ästhetik und historische Sinnbildung zwischen 1944 und 1995
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel des Forschungsvorhabens war zu ermitteln, welche historische Sinnbildung die italienische Romanliteratur bietet, die zwischen 1944 und 1995 veröffentlicht wurde und den Zweiten Weltkrieg bzw. Teilaspekte desselben behandelt. Der Rahmen, in den die Untersuchung gestellt wurde, war der Beitrag dieser Literatur zum Bild, das sich in Literatur, Medien und Öffentlichkeit in Italien seit Kriegsende ausbildete. Im Fokus sollten sowohl die spezifischen künstlerischen Formen der Ästhetisierung als auch das Verhältnis zur Historiographie stehen. In den ersten 24 Fördermonaten wurde die Literarisierung der italienischen Shoah in den Blick genommen und in Texten von Martha Ottolenghi Minerbi, Giorgio Bassani, Francesco Burdin und Elsa Morante untersucht. Entstanden ist die Monographie Judenverfolgung in Italien im italienischen Roman - Ästhetische Sinnbildung von der Nachkriegszeit bis in die 1970er Jahre sowie Vorträge und Studien zu Kolonialerfahrung in Nordafrika, zu deutschen Kriegsverbrechen in Italien und zur Resistenza-Literatur. Die Beschäftigung mit der Resistenza-Literatur, der nach wie vor eine außerordentlich wichtige Rolle für das italienische nation building zukommt, stieß in einen Hohlraum bisheriger Forschung: Es konnte nachgewiesen werden, dass die Tabuisierung der Auseinandersetzungen 1943 bis 1945 nicht nur in der Öffentlichkeit und der Geschichtswissenschaft, sondem auch in der Italianistik die literarische Wahmehmung der innergesellschaftlichen Gewalt und ihrer Folgen fiir das allgemeine Geschichtsverständnis stark einengte. Exemplarische Untersuchungen im Projekt konnten im Vergleich zu bisherigen Forschungsergebnissen dokumentieren, dass in Fiktion und Zeugnistexten die Problematik der Bürgerkriegsdarstellung schon früh erkannt und mit spezifischen ästhetischen Mitteln umgesetzt wurde. Drei interdisziplinäre Tagungen bzw. Sektionen zu Bürgerkriegsdarstellungen in Literatur, Kunst und Medien bestätigten die Vermutung, dass es eigene Formen und Problemlagen entsprechender Aufarbeitungen innergesellschaftlicher Gewalt gibt, die zu untersuchen weiterhin lohnend ist.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Anja Bandau/Albrecht Buschmann/Isabella von Treskow: Einleitung. Literaturen des Bürgerkriegs - Überlegungen zu ihren soziohistorischen und ästhetischen Konfigurationen. In: A. Bandau/A. Buschmann/I. v. Treskow (Hg.): Literaturen des Bürgerkriegs. Berlin 2008.
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Isabella von Trekow/Susanne Hartwig: Bruders Hüter / Bruders Mörder. Intellektuelle zwischen Analyse und Imagination innergesellschaftlicher Gewalt. Tagungsprogramm vom 4.-6. Mai 2007, Universität Passau.
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Isabella von Treskow/Christian von Tschilschke: Einleitung. In: I. v. Treskow/ C. V. Tschilschke: 1968 / 2008. Revision einer kulturellen Formation. Tübingen 2008.
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Isabella von Treskow/Christian von Tschilschke: Selektionsbeschreibung: 1968/2008 - Revision einer kulturellen Formation. September 2008.
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Isabella von Treskow: "Das Dilemma der Zeugen. Bürgerkriegsdarstellung in Texten aus der Gründungsphase der Republik Italien". Vortrag gehalten am 28.1.2008, Saarbrücken.
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Isabella von Treskow: "Die Banlieue-Proteste 2005 in überregionalen deutschen Printmedien". In: Lendemains 33. 2008, 130/131.
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Isabella von Treskow: "Gewalt und Nähe. Zur Erforschung des Bürgerkriegs - das Beispiel der italienischen Erinnerungsliteratur zu guerra civile 1943-1945". In: I. v. Treskow/A. Buschmarm/A. Bandau (Hg.): Bürgerkrieg. Erfahrung und Repräsentation. Berlin 2005.
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Isabella von Treskow: "Techniken der Ästhetisierung von innergesellschaftlicher Gewalt. Italienisch-italienische Feindschaft bei Elio Vittorini, Italo Calvino und Beppe Fenoglio. In: A. Bandau/A. Buschmann/I. v. Treskow (Hg.): Literaturen des Bürgerkriegs. Berlin 2008.