Bildungskinetik, rheologische Eigenschaften und induzierter struktureller Abbau von biofunktionalen Hüllschichten und Mikrokapseln
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Im ersten Teil der Forschungsarbeiten wurde zunächst ein geeignetes Kapselmodellsystem über die ionotrope Hydrogelbildung anionischer Polymere mit Calciumionen hergestellt. Zur reproduzierbaren Synthese sphärischer Matrix- und Kern-Hülle-Kapseln wurden die verantwortlichen Parameter optimiert. Anschließend konnten die mechanischen Eigenschaften der Hydrogele und Kapseln mittels verschiedener Messmethoden charakterisiert werden: (i) Spinning-Capsule-Methode, (ii) Squeezing- Capsule-Methode und (iii) Scherrheologie an Gelscheiben. Zur Quantifizierung der Stabilitätseigenschaften wurden die zweidimensionalen Elastizitätsmoduln bestimmt und miteinander verglichen. Durch Variation der Gelierzeit sowie Wahl der Polymer- und Calciumionenkonzentration konnten die mechanischen Eigenschaften der Kapseln in weiten Bereichen variiert und eingestellt werden. In stofflicher, morphologischer und anwendungsrelevanter Hinsicht wurde anhand erster Freisetzungsmessungen deutlich, dass die Polysaccharidkapseln, bedingt durch die hochporösen, stark diffusionsdurchlässigen Gelmembranen, zur gewünschten Extraktfreisetzung im Darm gezielt angepasst und modifiziert werden müssen. Es wurde deshalb versucht, die Anthocyandiffusion durch die Ausbildung von Kompositmembranen unter Zugabe von PLL zur Vernetzer- bzw. Schellack zur Polymerlösung zu vermindern und zu hemmen. In einem anderen Verfahren wurden die Kapseln mit externen Coatings durch Aufbringung zusätzlicher Polyelektrolytmultischichten oder durch umhüllende Schellackmembranen versehen. Während die Bildung der Komposit- und Multischichtenmembranen nur zu geringfügigen Änderungen der Freisetzungskinetiken führte, wurden durch die Aufbringung externer Schellackschichten deutlich bessere Ergebnisse erzielt. Variationen der Zusammensetzung der Beschichtungsformulierung zeigten, dass die Zugabe von PVP als Weichmacher zu der Schellacklösung zu einer Verlangsamung der diffusiven Freisetzung und nachhaltigen Speicherung großer Extraktmengen führte. Die Magen-Darm-Simulationen führten zu der Erkenntnis, dass im Falle der PVP-Kapseln der erwünschte sprunghafter Anstieg für die gezielte Darmfreisetzung erfolgte. In dieser Arbeit konnte somit ein speziell für die Lebensmittelanwendung zugelassenes Kapselmodellsystem erfolgreich synthetisiert und untersucht werden. Die extern mit Schellack beschichteten Kapseln bieten die Möglichkeit der effektiven Extraktstabilisierung und nachhaltigen Speicherung. Die Verwendung einer mit PVP versetzten Schellackformulierung ermöglicht auch die gezielter Darmfreisetzung der Anthocyane. Die Ergebnisse der zahlreichen experimentellen Studien konnten zur Beschreibung und Förderung des Verständnisses des komplexen Gelbildungsmechanismus und der Anthocyandiffusion beitragen. Für die erfolgreiche Anwendung in Lebensmitteln ist es wünschenswert, die Kapselgröße signifikant zu reduzieren (< 200 μm) und Lagerversuche in verschiedenen Produkten durchzuführen. Die Herstellung kleinerer Kapseln erfordert die Erzeugung geringerer Tropfengrößen und ist kein prinzipielles Problem. Zusätzliche Variationen der Schellackformulierung, die die Permeabilität maßgeblich beeinflussen, könnten zu einer weiteren Verbesserung des Freisetzungsverhaltens beitragen.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Deformation of liquid-filled calcium alginate capsules in a spinning drop apparatus, PCCP, 2010, 12, 2950–2958
S. Leick, S. Henning, P. Degen, D. Suter und H. Rehage
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Alginate/Poly-L-Lysine capsules: mechanical properties and drug release characteristics, Soft Matter, 2011
S. Leick, A. Kemper und H. Rehage
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Mechanical properties of liquid-filled shellac composite capsules, PCCP, 2011, 13, 2765-2773
S. Leick, M. Kott, P. Degen, S. Henning, T. Päsler, D. Suter und H. Rehage
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Rheological Properties of Capsule Membranes, Chemie Ingenieur Technik, 2011
S. Leick, P. Degen und H. Rehage