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Unabhängigkeitstage: Nationale Erinnerungskultur in Lateinamerika zwischen zwei Zentenarien am Beispiel Chiles und Guatemalas

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung von 2007 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 74094246
 
Das Projekt befasst sich mit den Feiern der Unabhängigkeit im Umfeld der Zentenarien in zwei ausgewählten Ländern Lateinamerikas. Ausgewählte Fallstudien nationaler Feiertage in Chile und Guatemala werden in unterschiedlichen historischen Kontexten als soziale Konstruktionsprozesse und als Schauplatz für heterogene Geschichtsdeutung erforscht. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf den Hundertjahrfeiern von 1910 bis 1921 sowie auf der Vorbereitung der 200-Jahrfeiern seit ca. 2000. Es wird nach der Beteiligung gesellschaftlicher Akteure, der Einbeziehung oder Ausgrenzung ethnischer Minderheiten, nach kulturellen Hybridisierungsprozessen und Veränderungen von Diskursen und nach Geschichtsdeutungen innerhalb und im Umfeld der ritualisierten Unabhängigkeitsfeiern gefragt.Die lateinamerikanischen Zentenarien zu Beginn des 20. Jahrhunderts sowie die gegenwärtigen Vorbereitungen auf die 200-Jahrfeiern waren und sind Kulminationspunkte nationaler Selbstvergewisserung. Als solche sind sie auch mehr oder weniger intensiv erforscht worden, wenngleich längst nicht so umfassend wie die nationalen Symbolwelten des 19. Jahrhunderts. Allerdings haben Historiker wiederholt darauf hingewiesen, dass auch in diesem Zusammenhang, wie überhaupt bei der Untersuchung symbolischer Inszenierungen der Nation, die Elitenperspektive bislang nur ungenügend verlassen wurde. Die sozialen Akteure, die die offiziellen Diskurse nicht oder kaum beeinflussen konnten, partizipierten jedoch aktiv an den Ritualen und produzierten in diesem Zusammenhang eigene Deutungsweisen und Ausdrucksformen, mit denen sie Gemeinschaft konstruierten. Diese Partizipationsprozesse aufzudecken und kritisch zu analysieren ist das Ziel dieses Projekts.Methodisch bedient sich das Projekt dabei insbesondere der vergleichenden Herangehensweise. Die für die synchrone Vergleichsebene ausgewählten Untersuchungsgegenstände Chile und Guatemala weisen in ihrer Geschichte im 20. Jahrhundert zwar für die nationale Erinnerungskultur wichtige Gemeinsamkeiten auf (Diktaturerfahrungen, Aufstieg indigener Bewegungen), sind aber sehr unterschiedlich strukturiert und bieten daher Erkenntnispotenziale über die Möglichkeiten nationaler Diskurse in Lateinamerika. Der diachrone Vergleich der beiden Zentenarien ermöglicht zum einen die historische Kontextualisierung des heutigen Erinnerungsdiskurses sowie zum anderen die kritische Überprüfung und Ergebnisse bereits vorliegender Forschungsergebnisse zu den 100-Jahrfeiern.Die Entstehung und der Wandel alternativer symbolischer Praktiken im Umfeld der Unabhängigkeitsfeiern soll anhand einer breiten Quellenbasis, die neben Textquellen vor allem auch visuelle (Bilder, Filmmaterial, Photographien etc.), Tondokumente (Lieder etc.) sowie Interviews umfasst. Folgende Fragen stehen im Mittelpunkt der Untersuchung:1. Welche gesellschaftlichen Akteure beteiligten und beteiligen sich an der Inszenierung und welcher soziokulturelle Wandel lässt sich daran ablesen? Inwiefern konnten und können sich soziale und ethnische Minderheiten in den performativen Prozess einbringen?2. Welche Widerstände und Gegeninszenierungen sind zu erkennen? Welche Hybridisierungs- und (Re-)Ethnisierungsprozesse lassen sich daran ablesen? Welche rivalisierenden Konzepte um Deutungsmacht werden erkennbar?3. Welche Rolle spielt die Nation nach wie vor als kulturelle Identifikationsgröße? Inwiefern werden neue Angebote der Identifikation im Zusammenhang mit den Unabhängigkeitstagen deutlich?
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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