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Strukturierung von Glaswerkstoffen mit unterschiedlicher Komposition durch ultrakurze Lichtpulse

Fachliche Zuordnung Metallurgische, thermische und thermomechanische Behandlung von Werkstoffen
Förderung Förderung von 2009 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 100165576
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Verbundprojekt wurde der Einfluss von ultrakurzer Laserstrahlung auf binäre und mehrkomponentige Silicatgläser mit systematisch variierter Komposition untersucht. Die fs-Laserstrahlung führt oberhalb einer kritischen Energieflächendichte (Fluenz) zu einem Materialabtrag (sog. Ablation) auf der Oberfläche. Im Volumen führt die ultrakurze Laserstrahlung zu einer lokal äußerst begrenzten Brechzahländerung des Glases. Die strukturellen Änderungen der Glasmatrix durch fs-Laserbestrahlung auf der bestrahlten Oberfläche und im Volumen dieser eigens erzeugten binären und ternären Silicatgläser wurden mittels Raman-Spektroskopie, X-ray Absorption Near Edge Spectroscopy (XANES) und Messung der absoluten Brechzahländerung untersucht. Über das Ablationsverhalten wurden der Einfluss der Glaszusammensetzung auf die Zerstörschwelle und die nichtlinearen Absorptionseigenschaften der Gläser untersucht und mit kongruenten Verfahren verifiziert. Zudem wurden die chemischen und thermischen Glaseigenschaften charakterisiert. Die in diesem Projekt erzielten Ergebnisse geben einen tiefen Einblick in die elektronischen und thermodynamischen Vorgänge während und nach der Laserbestrahlung. Über die Oberflächenablation wurden materialspezifische, optische und thermodynamische Charakteristika der Projektgläser untersucht. Hier wurde gezeigt, dass der Materialabtrag von der Bindungsenergie der glasbildenden Oxide in Kombination mit der nichtlinearen Absorption der Gläser abhängt. So können die Ablationsschwellen und die aus der Ablation resultierenden Oberflächentopographien aller Projektgläser in guter Näherung erklärt werden. Diese Ergebnisse ließen sich auch auf andere anorganische Dielektrika übertragen. Durch die Berücksichtigung spezifischer glasstruktureller Bindungsverhältnisse über die optische Basizität konnte das Ablationsverhalten in vielen Fällen noch genauer beschrieben werden. Mittels Raman-Spektroskopie konnten strukturelle Modifikationen der Glasstruktur durch die Bestrahlung unterhalb der Ablationsschwelle nachgewiesen werden. Es wurde gezeigt, dass sich vielatomige Ringstrukturen zu kleineren Ringen umstrukturieren. Mit Bezug auf die Verschiebung einer für Si-O-Si Biegeschwingungen charakteristischen Bande wurde gezeigt, dass sich der Bindungswinkel von Si-O-Si infolge der Bestrahlung verringert. Diese Strukturänderung durch Bestrahlung wurde hinsichtlich der Glaszusammensetzung untersucht. Es wurde verdeutlicht, dass mit zunehmendem Gehalt eines kleinen Netzwerkwandlerions die Si-O-Si-Änderungen durch Bestrahlung immer marginaler wird. In einer Kooperation mit der Physikalisch Technischen Bundesanstalt wurde nachgewiesen, dass die die elektronischen Niveaus der Magnesium-Sauerstoff Verbindung durch die Bestrahlung verschieben, was mit einer Verkürzung des Bindungsabstands Mg-O erklärt werden könnte. Über die Streckschwingungen der Q3- und Q2-, Q4-Raman-Banden wurden laserinduzierte Umordnungen der Q3-Strukturen in Q2- und Q4-Struktureinheiten nachgewiesen, wie sie für glasbildende Schmelzen gegenüber dem erstarrten Glase typisch sind, so dass von der isostrukturellen Temperatur (fiktive Temperatur bei Drücken oberhalb Atmosphärendruck) auf die Modifikationsintensität geschlussfolgert wird. Anschließend wurden diese Ergebnisse mit Brechzahl-aktiven Modifikationsstrukturen im Volumen verglichen. Idealerweise zeigten die Volumenmodifikationen dabei die gleichen qualitativen Merkmale wie die Modifikationen auf der Oberfläche. Relaxationsexperimente bei erhöhten Temperaturen (> 0,7 Tg) ergaben sowohl für die Raman-spektroskopisch detektierten strukturellen Änderungen, als auch für die Glasvolumen erzeugten Wellenleiter ein identisches Ausheilverhalten, was eine direkte Korrelation bestätigt. Eine wichtige Aufgabe des Projekts bestand im Aufbau eines neuartigen optischen Mikroskops, welches die Phasenverschiebung des Lichts während der Probendurchstrahlung absolut bestimmen kann. Dieses bildgebende Verfahren wurde auf die Volumenmodifikationen einiger ausgewählter Projektgläser angewendet und deren absolute Brechzahlveränderung quantifiziert. Über einen Vergleich der gemessenen Brechzahlen mit den abgeschätzten glasspezifischen temperaturabhängigen Brechzahlen gelang die Ermittlung von erzeugten isostrukturellen Temperaturen. Es zeigte sich ein annähernd linearer Gang der isostrukturellen Temperaturen mit den berechneten Wärmeleitfähigkeiten der Gläser. Damit gestatten die Ergebnisse die Aussage, dass in den untersuchten Gläsern die finale Brechzahländerung im Wesentlichen von der Stärke der anfänglichen laserinduzierten temperaturabhängigen Brechzahländerung und dem Relaxationsvermögen bzw. der Abkühlhistorie abhängt. Die Brechzahlveränderungen konnten zeitaufgelöst betrachtet werden. Es wurden die Plasmalebensdauern und die Lebensdauern der transienten Phasenkontraststrukturen untersucht. In B30 und LiSi60 Gläsern wird eine relative lange Lebenszeit der transienten Phasenkontraststrukturen, in LiNaSi66 Glas eine relative kurze Lebenszeit beobachtet. Die Materialmodifikationen wurden parallel hinsichtlich Anwendungen als diffraktive optische Elemente und für die Datenspeicherung untersucht. Hierbei wurden durch Zweistrahlinterferenz identischer Teilpulse Oberflächenreliefgitter erzeugt und umfassend charakterisiert (z.B. für Produktlabeling, Phasengitter). Diese Oberflächenreliefgitter wurden zu holographischen Oberflächenreliefstrukturen erweitert. Zudem wurden mittels Interferenz antikollinear propagierender Teilpulse oberflächennah wellenlängenselektive, Bragg-artige Strukturen im Glas enkodiert. Über Fokussierung einzelner fs-Laserpulse in das Glasvolumen wurden Brechzahlmodifikationen als Speicherpunkte (Bits) erzeugt und ausgelesen. Die von uns bestimmten Prozess- und Strukturabstände ermöglichen Speicherdichten von > 10Gbit/cm³. Zudem sind diese Speicher vor allem wegen der Langlebigkeit (>100 Million Jahre) und der hohen Resistenz gegenüber Umwelteinflüssen (Strahlung, Temperatur, Abrieb) interessant.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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