KFO 219: Basalganglien-Kortex-Schleifen: Mechanismen pathologischer Interaktionen und ihrer therapeutischen Modulation
Zusammenfassung der Projektergebnisse
2. Zusammenfassung der Ziele und wichtigsten Ergebnisse der KFO 219 Das Forschungsziel der ersten sowie zweiten Förderperiode der Klinischen Forschungsgruppe (KFO) 219 war die Charakterisierung pathologischer Basalganglien-Kortex-Schleifen bei Morbus Parkinson und dem Tourette-Syndrom. Ferner wurde der Einfluss therapeutischer Interventionen durch Medikamente oder der Tiefen Hirnstimulation (THS) innerhalb der Schleifen untersucht. Hierfür bearbeiteten die einzelnen Teilprojekte unterschiedliche Teilaspekte dieses Ziels mit einer großen Brandbreite an Methoden. Dazu gehörten unter anderem elektrophysiologische und bildgebende Verfahren wie Ableitungen von Lokalen Feldpotentialen (LFP), Elektroenzephalografie (EEG)-Messungen, funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT) und Positronen-Emissions- Tomografie (PET)-Aufnahmen. Neben den Untersuchungen an Proband*innen und Patient*innen gelang es zudem, tierexperimentelle Ansätze und mathematische Netzwerkmodelle der Basalganglien zur Erforschung der pathophysiologischen Mechanismen zu etablieren. Die Tabelle gibt eine Übersicht über die bearbeiteten Themen der jeweiligen Teilprojekte. TP Leiter*innen Thema des Projekts 01 Timmermann, Florin, Maarouf Charakterisierung der effektiven Konnektivität motorischer Basalganglien- Kortex-Schleifen durch Lokale Feldpotentiale im Nucleus Subthalamicus und EEG-Ableitungen bei Morbus Parkinson. 04 Schubotz, Fink Verhaltens- und bildgebende Untersuchungen zur Rolle des striatalen und frontalen Dopamins für kognitive Flexibilität und Stabilisierung bei Parkinson-Patient*innen und gesunden Proband*innen 06 Tittgemeyer, Timmermann Kernspintomographische und modell-basierte Differenzierung von Subtypen des Morbus Parkinson unter besonderer Berücksichtigung der Basalganglien- Konnektivität 07 Kuhn, Visser- Vandewalle Neurophysiologische und neurokognitive Charakterisierung der Basalganglien-Kortex-Interaktionen beim Tourette-Syndrom und deren Modulierbarkeit durch Tiefe Hirnstimulation thalamischer Kernregionen – eine prospektive Längsschnittstudie 08 Grefkes, Fink Einfluss des dopaminergen Systems auf die Konnektivität der Basalganglien-Kortex-Interaktionen bei Gesunden und Patient*innen mit dopaminergen Dysfunktionen 09 Diesmann, Morrison, Tetzlaff Mathematische Modellierung der Entstehung und Suppression pathologischer Aktivitätszustände in den Basalganglien-Kortex-Schleifen 10 Eggers, Drzezga Konnektivitätsstörungen als pathologischer Link zwischen striatalen und kortikalen Auffälligkeiten bei Subtypen der Parkinson-Erkrankung. Eine longitudinale multimodale Bildgebungsstudie 11 Endepols, Timmermann Modulation des dopaminergen und glutamatergen Systems durch Tiefe Hirnstimulation im Ncl. subthalamicus und L-DOPA bei der 6OHDA- Hemiparkinson-Ratte 12 Grün, Denker, Timmermann Charakterisierung der Beziehung zwischen Lokalen Feldpotenzialen und Spikeaktivität im Nucleus subthalamicus bei Patient*innen mit Morbus Parkinson 13 Isbrandt Consequences of HCN/h pacemaker channel deficiency for corticobasal ganglia circuit function Tabelle 1: Themen der einzelnen Teilprojekte der KFO 219 11 Das wesentliche Ziel des Teilprojekts 1 der zweiten Förderperiode war die Weiterführung der Charakterisierung von veränderter oszillatorischer Aktivität auf kortikaler und subkortikaler Netzwerkebene bei Patient*innen mit idiopathischem Parkinson-Syndrom (IPS). Dabei offenbarten die durchgeführten EEG-Studien auf kortikaler Ebene ein Kernnetzwerk bestehend aus präfrontalem Kortex, primärem Motorkortex und sekundären motorischen Arealen, dessen oszillatorische Verbindungen je nach kognitivem Anspruch der motorischen Aufgabe und Alter der Versuchspersonen differenziell moduliert wurden. Bei Dopamin-naiven IPS-Patient*innen fehlten relevante Verbindungen oder die Verbindungen wurden pathologisch moduliert, welche dann jedoch durch Gabe von L-Dopa teilweise funktionell-relevant rekonstituiert werden konnten. Subkortikal wurde in mehreren Studien die oszillatorische Aktivität des Nucleus subthalamicus (STN), das wichtigste Implantationsziel für THS, weiter charakterisiert. Hier wurden neben einer muskelkraftabhängigen Modulation oszillatorischer Beta-Aktivität IPS-Subtypen-spezifische Unterschiede in der Richtung des Informationsflusses zwischen Muskel und STN gefunden. Das Konzept Prädiktion als mögliche Schnittstelle zwischen motorischen wie auch kognitiven Defiziten bei Parkinson-Patient*innen wurde in Teilprojekt 4 detailliert untersucht. Dabei offenbarten die Untersuchungen der kognitiven Flexibilität und Stabilität, als scheinbar antagonistische Elemente der Prädiktion, jeweils unterschiedliche neuronale kortikale Korrelate bei gesunden Proband*innen: eine Aktivierung des medialen präfrontalen Kortex (mPFC) und des Hippocampus ist wichtig für eine flexible Modifikation, während der inferiore frontale Gyrus (IFG) für die Stabilisierung der Erwartung zuständig ist. Während der Nucleus caudatus zu der Unterscheidung von relevanten und irrelevanten Reizen beiträgt, spielt die Substantia nigra eine Rolle beim Übergang zwischen flexiblem und stabilem Verhalten. Parkinson-Patient*innen zeigen eine Beeinträchtigung sowohl in der Stabilität als auch der Flexibilität, die mit strukturellen Veränderungen in den jeweiligen Arealen zusammenhängen. Unterschiede in der durch die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Reizes (Surprisal) modulierten Aktivität dopaminerger Areale gegenüber gesunden Kontrollen deuten auf Schwierigkeiten in der Anpassung an Umgebungen hin, die spezifische Anforderungen an flexibles Verhalten erfordern. Innerhalb der KFO 219 fand ein Austausch an Daten zwischen Teilprojekt 4 und Teilprojekt 6 statt. Auch in diesem Projekt wurden neben motorischen Störungen nicht-motorische Störungen betrachtet, die bei jedem Patient*innen zu einer individuellen Symptomatik führen. Diese individuelle Symptomatik geht einher mit unterschiedlichen Diskriminationsmustern in der Analyse von MRT- Daten, insbesondere für die abgeleiteten Konnektivitäten innerhalb der Basalganglien-Kortex- Schleifen. Daher war das Ziel des Teilprojekts 6 die Untersuchung der diskriminativen und prädiktiven Validität hirnmorphologischer und konnektivistischer Parameter in Bezug auf die individuelle Symptomatik beim Morbus Parkinson. Zusammenfassend konnte gezeigt werden, dass sich beim Menschen mittels probabilistischer Traktographie sowohl direkte Projektionen vom Kleinhirn (im Speziellen: Nucleus dentatus) zum Globus pallidus sowie vom Nucleus subthalamicus zum Kleinhirn finden. Darüber hinaus zeigte sich im Thalamus, dem Hauptprojektionsgebiet der Basalganglien und dem Kleinhirn, ein anterior-nach-posterior Gradient für pallido-thalamische Projektionen im (1) ventral- 12 anterioren Thalamus (2) intralaminären Kernen und (3) Kernen in der medialen Region. Kontrovers dazu zeigte sich ein abnehmender posteriorer-nach-anteriorer Gradient für dentato-thalamische Projektionen in (1) ventral-lateralen und posterioren Kernen, (2) dorsalen Anteilen der intralaminären Kerne und im subparafaszikularen Kern und (3) im medio-ventralen und lateralen medio-dorsalen Kern. Eine beträchtliche Überlappung fand sich in intralaminären Kernen und Kernen in der Mittelregion. Die Befunde sind bemerkenswert konsistent mit Befunden von transneuronalen Studien in nicht-humanen Primaten sowie prä-existierenden anatomischen Studien von entwicklungsbedingtexprimierten Markern oder pathologischen Befunden. Zudem liefern die Konnektivitätsfingerabdrücke zusätzlich wichtige quantitative Informationen über die Verteilung der beiden Projektionsgebiete. Neben der Quantifizierung von Hirnkonnektivität bei Gesunden gelang es eine Veränderung der Konnektivität in Basalganglienregelkreisen auch bei Patient*innen mit Morbus Parkinson für den (1) nigro-striatalen und (2) dentato-pallidalen Trakt aufzuzeigen. Dabei war im Speziellen interessant, dass für die unterschiedlichen Genotypen andersartige Degenerationsmuster bestehen, was damit die Entwicklung unterschiedlicher Parkinsonphänotypen erklären könnte. Neben dem Einfluss auf die eigentlichen Phänotypen zeigten sich durch ein verändertes Ansprechen auf die Parkinsonmedikation unterschiedliche therapeutische Effekte in den beiden Untergruppen. In der letzten Studie zeigte sich zudem, dass sich auch der Glukosemetabolismus bei Patient*innen mit Morbus Parkinson in den thalamischen Subgebieten im Vergleich zum Gesunden ändert, was somit einen Hinweis auf eine funktionelle Störung zerebello-thalamischer und basalganglio-thalamischer Regelkreise in der Interaktion bei Patient*innen mit Morbus Parkinson liefert. Wie bei Morbus Parkinson werden ebenso beim Tourette-Syndrom eine Dysfunktionalität des dopaminergen Systems sowie Störungen in kortiko-striato-thalamo-kortikalen Schleifen angenommen. Das Teilprojekt 7 der klinischen Forschungsgruppe 219 widmete sich den zugrundeliegenden Defiziten der Inhibition von Tics bei Patient*innen mit Tourette-Syndrom und wie diese durch die Anwendung der THS des Thalamus positiv beeinflusst werden können. Die Untersuchungen ergaben, dass der mediale Thalamus entscheidend bei der Verarbeitung von positivem und negativem Feedback involviert ist, was wiederum in Form des Verstärkungslernen bei der Entstehung und Aufrechterhaltung von Tics eine wesentliche Rolle spielt. Zudem konnte gezeigt werden, dass bei Patient*innen mit Tourette-Syndrom das Unterbrechen von motorischen Handlungen im Vergleich zu gesunden Kontrollen elektrophysiologisch unterschiedlich prozessiert wird. Hierbei zeigte sich, dass Patient*innen durch kompensatorisch erhöhte Aktivität in Arealen der Handlungskontrolle vergleichbare Ergebnisse in der Unterbrechung von motorischen Antworten wie gesunde Proband*innen erreichen können. In einer vorläufigen Analyse der Ergebnisse zur Wirksamkeit der THS im medialen Thalamus zeigte sich, dass die THS die Schwere von Tics nach 6 und 12 Monaten signifikant reduziert bei gleichzeitigem signifikanten Anstieg der Lebensqualität. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass funktionelle und strukturelle Verbindungen der Stimulationsregion zu einem Netzwerk bestehend aus prämotorischen und sensorischen Arealen mit einer signifikant besseren Reduktion von Tics einhergehen. 13 Die Untersuchung von Dopamin und dessen spezifischen Einfluss auf verschiedene Netzwerkschleifen wurde in Teilprojekt 8 bei gesunden Proband*innen und bei Parkinson- Patient*innen durchgeführt. Störungen der Interaktionen zwischen der Hirnrinde und den Kerngebieten des Marklagers (Basalganglien) sind typische Befunde gestörter motorischer Kontrolle. In den Experimenten des Teilprojekts 8 konnte gezeigt werden, dass bereits gesundes Altern mit Veränderungen der Netzwerk-Verbindungen verschiedener Hirnzentren im Präfrontal-, Prämotorsowie Primärmotorkortex einhergeht, welche vermutlich kompensatorisch zur Aufrechterhaltung motorischer Fähigkeiten bei Bewegungsauswahl und –initiierung wirken. Eine leichte pharmakologische Auslenkung mittels das Dopamin-System beeinflussender Medikamente führte hier zu keiner Änderung des Verhaltens von gesunden Proband*innen bei Bewegungsauswahl-Aufgaben. Dagegen werden motivational getriebene motorische Aufgaben sehr wohl differenziell beeinflusst hinsichtlich einer Verstärkung oder Abschwächung des Dopamin-Systems. Bei Parkinson- Patient*innen fanden sich eine Reihe von Störungen von Netzwerkverbindungen, welche durch eine medikamentöse Therapie nur unzureichend korrigiert werden konnten. Dieser Befund erklärt auch das unterschiedliche Ansprechen von verschiedenen Defiziten bei Parkinson-Patient*innen hinsichtlich basalmotorischer und komplexer exekutiv-funktionaler Prozesse. Darüber hinaus konnte gezeigt werden, dass sowohl Sprechstörungen als auch Schreibstörungen mit Veränderungen neuronaler Netzwerke jenseits der motorischen Kortex-Basalganglienschleifen assoziiert sind, was die Komplexität der Parkinson-Erkrankung unterstreicht und schlussfolgern lässt, dass die Therapie von Parkinson-Defiziten einem multidimensionalen, also über eine medikamentöse Therapie hinausgehenden Konzept folgen sollte. Die Arbeiten im Teilprojekt 9 beschäftigten sich vorrangig mit der Entwicklung mathematischer Modelle der Basalgangliendynamik unter physiologischen und pathologischen Bedingungen. Es konnte gezeigt werden, dass das Anpassen selbst einfachster Netzwerk-Modelle an elektrophysiologische Daten zu einer Vielzahl unterschiedlichster Netzwerkkonfigurationen führt, die jedoch konsistente und pathologiespezifische dynamische Eigenschaften aufweisen („Homologien”). Die Ergebnisse wurden im Kontext natürlicher interindividueller Variabilität und dem Auftreten von Subtypen der Parkinson-Erkrankung diskutiert. Ein weiterer Schwerpunkt im Teilprojekt 9 war die Untersuchung von Lokalen Feldpotentialen (LFP) als potentielle Orientierungshilfe für eine präzisere Positionierung von THS-Elektroden. Im Kontext eines einfachen LFP-Modells wurde nachgewiesen, dass durch Ausnutzung der raumzeitlichen Struktur des an mehreren Elektroden gleichzeitig aufgezeichneten LFPs eine genauere Lokalisation räumlich begrenzter, kohärent aktiver Zellpopulationen („Hotspots“) erreicht werden kann. Weiterhin wurde untersucht, inwiefern aus restingstate-fMRT-Daten extrahierte funktionale Netzwerke zum Verständnis neurodegenerativer Erkrankungen beitragen bzw. sich als Diagnosewerkzeug eignen können. Es konnte gezeigt werden, dass verschiedene Kombinationen von etablierten Netzwerkkonstruktionsmethoden zu statistisch signifikanten, jedoch widersprüchlichen Beziehungen zwischen Netzwerkeigenschaften für verschiedene Krankheitszustände führen können. 14 In Teilprojekt 9 wurde die Vielzahl an unterschiedlichen Netzwerkkonfigurationen in den mathematischen Modellen im Zusammenhang mit den Parkinson-Subtypen diskutiert. Diese Parkinson-Subtypen wurden in Teilprojekt 10 genauer untersucht. Das Hauptziel des Teilprojekts 10 war es, die Zusammenhänge zwischen Parkinson-Subtypen und dopaminergem Defizit, Änderungen der funktionellen Konnektivität und kortikaler neuronaler Dysfunktion herauszustellen. Weitere Ziele waren die Identifikation von funktionellen Kompensationsmechanismen sowie die Etablierung einzelner bildgebender Verfahren als geeignete Biomarker der klinischen Prädiktion bzw. Progressionsquantifizierung. Die Ergebnisse dieses Teilprojekts zeigten, dass eine Matching-Analyse zur Gruppierung von Patient*innen mit ähnlichen Merkmalsausprägungen nicht gelang und dass die dann ermittelten Cluster wenig stabil und extrem störempfindlich waren. Dennoch konnte bei der Untersuchung der Hauptfragestellung gezeigt werden, dass eine signifikante reduzierte Konnektivität der Region des dopaminergen Defizits mit den Regionen, die einen wesentlichen Bestandteil des kortiko-striatalen Motornetzwerk ausmachen, bei Parkinson-Patient*innen vorliegt. Zudem ist ein kritischer Auslösefaktor für die Entwicklung von Impulskontrollstörungen bei Parkinson-Patient*innen die reduzierte präsynaptische Dopaminsynthese im Nucl. accumbens, die mit einer veränderten funktionellen Konnektivität zwischen dem Nucl. accumbens und dem anterioren Cingulum einhergeht. Des Weiteren wurde gezeigt, dass der zerebelläre Metabolismus gekreuzt zur klinischen Symptomatik bei Parkinson-Patient*innen einen vermindertet Glukosestoffwechsel aufweist. Dies kann in Translation zum MPTP-Läsionsmodell ebenso bei der Maus beobachtet werden. Weitere Ergebnisse des Teilprojekts zeigten, dass heterozygote GBA-Mutationsträger ein stärker ausgeprägtes Parkinson Disease Related Pattern (PDRP) im FDG-PET aufweisen. Zwischen dem Teilprojekt 10 und Teilprojekt 11 erfolgte ein Austausch auf translationaler Ebene, da dieselben Methoden verwendet wurden. Jedoch untersuchte das Teilprojekt 11 keine Proband*innen oder Patient*innen wie das Teilprojekt 10, sondern 6-OHDA-läsionierte Ratten (Hemiparkinson- Modell). Anhand des Hemiparkinson-Modells sollten pathologische und kompensatorische Veränderungen des metabolischen Netzwerks durch 6-OHDA-Läsionen charakterisiert werden. Außerdem war ein weiteres Ziel die Auswirkungen von L-DOPA und STN-THS und deren Kombination auf diese Netzwerkveränderungen zu identifizieren. Dabei stellte sich bei der Untersuchung der metabolischen Muster in Verbindung mit pathophysiologischen und kompensatorischen Mechanismen heraus, dass lokale Veränderungen des zerebralen Glukosestoffwechsels und motorische Veränderungen gekoppelt sind. Dabei tragen ipsiläsionaler Hypo- und kontraläsionaler Hypermetabolismus zu den motorischen Beeinträchtigungen als auch zur Kompensation bei. Ferner konnte gezeigt werden, dass die STN-THS genau diese metabolischen Veränderungen umkehrt. Das heißt, dass die STN-THS dem metabolischen Ungleichgewicht entgegenwirkt, welches durch eine einseitige 6-OHDA-Injektion verursacht wird. Zudem wurde untersucht, ob die Dopamin-Verarmung die striatalen Verbindungen verändert. Hierbei zeigte sich, dass eine Konnektivitätsverschiebung stattfand: Die STN-THS etabliert ein neues funktionelles striatales Netzwerk, in dem sowohl das Dopamin-verarmte als auch das gesunde Striatum funktionell mit der gesunden Substantia nigra verbunden sind. Die Qualität der Konnektivitätsverschiebung wurde anhand von Verhaltensversuchen geprüft. Es ergab sich eine signifikante Korrelation zwischen der Schwere der Dopamin-Verarmung 15 und der Verbesserung des Einsatzes der kontraläsionalen Vorderpfote durch die STN-THS. Das heißt, die STN-THS war bei schweren Läsionen wirksam, bei leichten Läsionen zeigte sie aber keine Wirkung. Ein anderer Aspekt der THS wurde von Teilprojekt 12 untersucht. In diesem Teilprojekt wurde die Fragestellung untersucht, ob ein LFP-Spike-Bezug als Indikator therapeutisch effektiver Ableitstellen während eines operativen Eingriffs dienen kann. Um das herauszufinden, war das übergreifende Ziel, das LFP und die Spikesignale im STN bei Patient*innen mit Morbus Parkinson mittels korrelativer Methoden in Bezug zueinander zu setzen. Dabei kristallisierte sich heraus, dass eine systematische Validierung und ein detaillierter Vergleich von Spike-sorting-Algorithmen auf der Basis von STN Daten eine hohe Variabilität der resultierenden Klassifizierung der Daten in Einzelneurone, und derer dynamischer Eigenschaften (z.B. Rate, Regularität) zur Folge hat. Die sich im Kontext von Robustheit und Reproduzierbarkeit hieraus ergebende Notwendigkeit von standardisierten Validierungstechniken für Spike-sorting-Methoden führte zur Entwicklung eines empfohlenen Spike-sorting-Verfahrens auf der Basis von datengestützten Simulationen zur Generierung der „Ground Truth“ mit variablem Ähnlichkeitsgrad der Neurone. Darüber hinaus wirkte Teilprojekt 12 an einer Großstudie mit, die zur räumlichen Abhängigkeit der neuronalen Spikeregularität über Spezies, experimentelle Paradigmen und Laboratorien hinweg, quantitative Hinweise zu methodischer und subjekt-spezifischer Variabilität der Spiketrain-Statistik liefert. Die Hypothese, dass der Funktionsverlust von HCN-Kanälen (engl. hyperpolarization-activated cyclic nucleotide-gated cation channel) zu einem veränderten Verhalten bei Neuronen führt und dadurch zu einer modifizierten Netzwerkaktivität, die die motorischen und kognitiven Funktionen beeinträchtigt, wurde im Teilprojekt 13 geprüft. Um die HCN-Kanal-Aktivität zu kontrollieren, wurde ein transgener Ansatz gewählt. Hierbei konnte gezeigt werden, dass der Verhaltens- und Motorikphänotyp bei HCN- Kanal-defizienten Tieren abhängig vom Funktionsverlust dieser Kanalfamilie in der frühen postnatalen Hirnentwicklung ist. Eine Korrektur des Defektes im Erwachsenenalter führt zu keiner Normalisierung, sondern verschlechtert insbesondere die kognitive Leistung. Der postnatale Verlust funktionaler HCN- Kanäle führt höchstwahrscheinlich zu einem veränderten D2-Rezeptortonus, welcher der motorischen Hyperaktivität zugrunde liegt und durch die Gabe von D2-Antagonisten normalisiert werden kann. Bei der Charakterisierung pathologischer Basalganglien-Kortex-Schleifen durch die KFO 219 rückte insbesondere die mediale und laterale Schleife in den Fokus. Die mediale Schleife steht dabei im Zusammenhang mit selbst initiierten Bewegungen, während dagegen die laterale Schleife in Verbindung mit Bewegungen, die durch einen externen Taktgeber ausgelöst werden, steht. Dies zeigt sich zum Beispiel am Konzept der Stabilität und Flexibilität im Teilprojekt 4. Die laterale Schleife zeigt im Vergleich zur medialen Schleife eine höhere Robustheit und Stabilität vor allen bei Parkinson-Patient*innen. Das zeigt sich auch daran, dass die mediale Schleife bei Parkinson-Patient*innen früher degeneriert. Daraus resultiert, dass sich die laterale Schleife als therapeutische Option eignet, insbesondere durch die Möglichkeit der Beeinflussung des externen Taktgebers. Das heißt, die laterale Schleife ist durch pharmakologische, nicht-invasive sowie invasive 16 Modulation besser beinflussbar. Insgesamt ergibt sich daraus ein vielschichtiges Bild von Konnektivitätsmustern in den Basalganglien-Kortex-Schleifen, die durch externe pharmakologische oder elektrophysiologisch-modulatorische Therapien positiv beeinflusst werden können.