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Leistungssteigerung von Parallelrobotern mittels parametervariabler Strukturen basierend auf kinematischer Redundanz

Fachliche Zuordnung Automatisierungstechnik, Mechatronik, Regelungssysteme, Intelligente Technische Systeme, Robotik
Förderung Förderung von 2008 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 103954398
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Während sich im Bereich der klassischen seriellen Roboter kinematische Redundanz u. a. zur Singularitäts- und Hindernisvermeidung bereits etabliert hat und geeignete Steuerungs- und Regelkonzepte existieren, beschränkten sich zu Beginn des im Folgenden zusammengefassten Forschungsvorhabens die wissenschaftlichen Untersuchungen zu Parallelrobotern auf sehr wenige Beispiele. Der Stand der Forschung umfasste zum Projektstart im Wesentlichen beispielhaft simulierte Arbeitsraum- und/oder Singularitätsanalysen ebener Mechanismen. Lediglich eine Arbeit war bekannt, in der der Einfluss eines zusätzlichen, angetriebenen Gelenks auf die Singularitäten einer parallelkinematischen Maschine (PKM) mit sechs Freiheitsgraden (FHG) untersucht wurde. Weiterführende Analysen, in denen das Potential kinematischer Redundanz bezüglich altemativer Leistungsmerkmale sowie entlang aussagekräftiger Endeffektor-Bahnen und im Hinblick auf einen flexiblen Einsatz dieser parametervariablen Strukturen thematisiert wurde, existierten nicht. Des Weiteren erfolgte bis dato weder eine experimentelle Validierung der Praxistauglichkeit kinematischer Redundanz noch der Aufbau eines dafür geeigneten Prototyps. Nach Abschluss des Forschungsvorhabens konnten die oben thematisierten offenen Fragestellungen beantwortet werden. Hierfür erfolgten zunächst der Entwurf sowie die Modellierung kinematisch redundanter Mechanismen. Die betrachteten Kinematiken basieren jeweils auf klassischen Grundstrukturen mit unterschiedlichen Antriebskonzepten. In Abhängigkeit der Anzahl ergänzender Gelenkfreiheitsgrade wurde unter Berücksichtigung der redundanzbedingten zusätzlichen Fehlerquellen und Nachgiebigkeiten der Einfluss kinematischer Redundanz auf den gesamten, den singularitätsfreien sowie den nutzbaren Arbeitsraum quantifiziert. Die Ergebnisse demonstrieren eine stetige Vergrößerung der betrachteten Arbeitsräume mit zunehmenden Redundanzgrad. Bereits nach Ergänzung eines zusätzlichen Antriebs resultiert eine signifikante Vergrößerung der Flächen, bzw. Volumina wichtiger Arbeitsräume von PKM. Insbesondere die Betrachtung räumlicher Mechanismen, die recheneffiziente Berücksichtigung von Fertigungstoleranzen und Nachgiebigkeiten mittels Intervallarithmetik sowie die Definition und Berechnung des nutzbaren Arbeitsraums, der u. a. die Lagegenauigkeit und strukturelle Steifigkeit impliziert, stellen wesentliche Erweiterungen im Vergleich zu dem Stand der Forschung dar. Für die maximale Ausschöpfung des Potentials kinematischer Redundanz erfolgten die Erarbeitung geeigneter Nutzungsstrategien sowie die Entwicklung optimaler Planungs- und Steuerungskonzepte. Erstmalig konnte gezeigt werden, dass durch aufgabenoptimale Bewegungsplanung der redundanten Antriebe eine gleichzeitige signifikante Steigerung wesentlicher Leistungsmerkmale, wie beispielsweise der Lagegenauigkeit sowie der strukturellen Steifigkeit, bei zusätzlicher Singularitätsvermeidung möglich ist. Dabei führte eine mehnmalige diskrete oder kontinuierliche Nutzung der redundanten FHG nicht zwingend zu einer höheren Steigerungsrate im Vergleich zu einer einfachen einmaligen Rekonfiguration. Ahnliches gilt für einen gesteigerten Redundanzgrad. Insbesondere wenn die vollparallele Grundstruktur bzw. die Mechanismen mit geringem Redundanzgrad bereits sehr gute Leistungsmerkmale entlang einer betrachteten kartesischen Bahn aufweisen, ist durch weitere Antriebe enwartungsgemäß keine bzw. lediglich eine unwesentliche zusätzliche Verbesserung möglich. Die Entwicklung der Planungs- und Steuerungskonzepte erfolgte exemplarisch für eine ebene Struktur mit zwei translatorischen und einem rotatorischen Endeffektor-FHG. Aufgrund der physikalisch gemischten FHG (translatorisch und rotatorisch) dieser Struktur konnten die erforschten Methoden problemlos auf eine parametervariable PKM mit sechs Endeffektor-FHG übertragen und simulativ erprobt werden. Für die experimentelle Validierung der Simulationsergebnisse wurde exemplarisch ein ebener, einfach redundanter Parallelroboter konzipiert, konstruktiv umgesetzt und in Betrieb genommen. Bis heute ist den Antragsstellern und Autoren dieses Abschlussberichts kein vergleichbarer Aufbau einer kinematisch redundanten PKM bekannt. Die entwickelten Planungs- und Steuerungskonzepte sowie die modellbasierten Regelungsalgorithmen wurden auf den Prototyp angewendet und erprobt. Während exemplarischer Bewegungen entlang kartesischer Soll-Bahnen erfolgte in Abhängigkeit der entwickelten Nutzungsstrategien die Ermittlung unterschiedlicher Kenngrößen bezüglich Singularitätsnähe, Lagegenauigkeit, Steifigkeit, etc. Um eine modellunabhängige Quantifizierung durchführen zu können, kam hierbei u. a. ein externes optisches Trackingsystem zum Einsatz. Die experimentellen Ergebnisse bestätigten die simulativ gewonnen Erkenntnisse, sodass der positive Einfluss zusätzlicher aktuierter FHG bei PKM erstmalig validiert werden konnte. Im Umfang des Forschungsprojekts wurde nachgewiesen, dass sowohl für ebene als auch für räumliche Mechanismen eine aktive Beeinflussung der kartesischen Steifigkeit durch aufgabenoptimale Rekonfiguration erreichbar ist. Diese Einflussmöglichkeit könnte zukünftig auf Werkzeugmaschinen mit parallelkinematischer Struktur übertragen werden, um eine mehrseitige Werkstück bearbeitung ohne manuelles Umspannen durch einen großen Rotationsarbeitsraum zu realisieren. Hauptproblem existierende Maschinen ist, dass mit zunehmender Veränderung der Orientierung der Endeffektor-Plattform eine Verschiebung der Singularitäten in Richtung der Arbeitsraummitte resultiert. Dies hat u. a. eine signifikante Reduktion der kartesischen Steifigkeit und dementsprechend große Fertigungstoleranzen zur Folge, sodass keine zufriedenstellende Werkstückqualität garantiert werden kann. Aus diesem Grund ist aufbauend auf den bisherigen Ergebnissen zu untersuchen und experimentell zu validieren, inwieweit sich diese Problematik durch diskret schaltende Nutzung zusätzlicher Gelenkfreiheitsgrade, beispielsweise in Abhängigkeit der zu bearbeitenden Werkstückseite, reduzieren lässt. In Ergänzung zu den redundanten FHG auf Gelenkebene kann dabei ggf. zusätzlich der für die spanende Bearbeitung nicht benötigte Rotationsfreiheitsgrad um die Bohr- oder Fräsachse ausgenutzt werden. Die Untersuchung des Potentials redundanter Antriebe zur energieoptimalen Prozess- und/oder Bahnplanung erfolgte im Umfang dieses Forschungsprozesses lediglich randwertig. Bei vergleichsweise kleinen Untersuchungen zeigte sich, dass die Leistungsaufnahme der Antriebe in Abhängigkeit der geometrischen Roboterkonfiguration variiert. Durch Erweiterung aktuell erforschter Kostenfunktionen zur energieoptimalen Bahnplanung bei „Punkt-zu-Punkt"-Bewegungen könnte diese Abhängigkeit explizit genutzt werden, um den Energieverbrauch bei zyklischen Prozessen aufgabenoptimal zu reduzieren. Hierbei ist insbesondere die für eine Rekonfiguration zusätzlich notwendige Leistung zu berücksichtigen. Des Weiteren muss sichergestellt werden, dass die geforderte aufgabenabhängige Mindestperformanz gewährleistet wird.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2009): Enlarging the Useable Workspace of Planar Parallel Robots using Mechanisms of Variable Geometry, Proc. of the ASME/IFToMM International Conference on Reconfigurable Mechanisms and Robots, pp. 94-103, London, United Kingdom
    Kotlarski, J.; Abdellatif, H.; Ortmaier, T.; Heimann, B.
  • (2010): Optimization Strategies for Additional Actuators of Kinematically Redundant Parallel Kinematic Machines, Proc. of the 2010 International Conference on Robotics and Automation, pp. 656-661, Anchorage (Alaska), USA
    Kotlarski, J.; Do Thanh, T.; Heimann, B.; Ortmaier, T.
  • (2011): Design and Analysis of a Head-Mounted Parallel-Kinematic Device for Skull Surgery, International Journal of Computer Assisted Radiology and Surgery (Ausgabe 701/2012), pp. 137-149
    Kobler, J.-P.; Kotlarski, J.; Öltjen, J.; Baron, S.; Ortmaier, T.
  • (2011): Experimental Validation of the Influence of Kinematic Redundancy on the Pose Accuracy of Parallel Kinematic Machines, Proc. of the 2011 International Conference on Robotics and Automation, pp. 1923-1929, Shanghai, China
    Kotlarski, J.; Heimann, B.; Ortmaier, T.
 
 

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