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Eine vergleichende Studie nigerianischer Koranmanuskripte des 16. Jh. und modernem Kanembu - Sprachwandelprozesse anhand historisch-religiöser Quellen

Fachliche Zuordnung Sozial- und Kulturanthropologie, Außereuropäische Kulturen, Judaistik und Religionswissenschaft
Förderung Förderung von 2009 bis 2012
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 106413802
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt hat den Forschungsstand sowohl zur Grammatik der saharanischen Sprachen als auch zur internen Klassifikation der Kanuri-Kanembu-Dialekte erheblich verbessert. Zu Beginn des Projekts war das Wissen über die östlichen Dialekte des Kanuri-Kanembu Kontinuums sehr unzureichend. Obwohl das Kanuri bereits seit der Zeit der frühen Reisenden des 19. Jahrhunderts wie Heinrich Barth und Missionaren wie Sigismund W. Koelle gut dokumentiert ist, wurde bisher der Teil der Sprechergemeinschaft, der sich im Niger und Tschad befindet, großen Teils ausgeklammert. Die in dem Projekt erhobenen linguistischen und manuskriptologischen Daten zeichnen ein differenzierteres Bild der Region als bisher bekannt. Neben dem Zusammentreffen dreier großer Sprachfamilien Afrikas in der Tschadseeregion war diese auch ein strategisch wichtiger Handelsknotenpunkt. Durch jahrhundertelangen Kontakt zwischen den Völkern entwickelten sich Handels- und Verkehrssprachen wie Hausa und Kanuri. Die große Blütezeit des Kanuri lag allerdings im 19. Jahrhundert, wohingegen das Hausa bis in die heutige Zeit große Teile der Region vor allem in Nigeria dominiert und zur Bedrohung kleinerer Sprachen beiträgt. Die während des Projektzeitraums neu erhobenen Daten stellen einen größeren Bezug zwischen dem östlichen Bereich des Kanuri-Sprachgebiets und seinen nächsten Verwandten innerhalb der saharanischen Sprachen der Region her. Aufgrund der weitgehenden Abwesenheit des Hausa (und weiterer tschadischer Sprachen) im Ostniger und im Tschad, zeigen sich die dortigen Varietäten des Kanembu als weitgehend unberührt von tschadischem Einfluss. Damit konnte das Projekt auch einen Beitrag sowohl zum besseren Verständnis der sprachgenetischen als auch der areallinguistischen Beziehungen leisten. Im Bereich der Manuskriptologie wurde innerhalb des Projekts eine neue Methode der ‘performance’ / ‘discourse multilayering’ entwickelt, die speziell an die Bedürfnisse des Old Kanembu und der Ajami-Manuskripte angepasst wurde und die bereits auch nachfolgende Projekte, z.B. innerhalb des SFB 950 an der Universität Hamburg, inspiriert hat. Das Projekt war in seiner Struktur auf 6 Jahre angelegt. So wurde im ersten Jahr der zeitintensive Versuch unternommen, eine Transdisziplinarität zwischen Linguistik, Manuskriptologie und Paläographie im Hinblick auf Fragestellungen und Forschungsmethoden herzustellen. Dazu gehörte eine längere, aber effektive Einarbeitungszeit aller Beteiligten. Während der Feldforschung zeichnete sich in den Daten eine weit größere Heterogenität der Kanembu-Varietäten ab als angenommen. Die überaus komplexe und divergente Morphophonologie aller beteiligten Varietäten führte zu sehr zeitaufwendigen Versuchen, eine Datenbank zu kreieren, die alle Dialekte und alle grammatischen Teilbereiche einerseits, sowie Referenzen zu Belegen in den Manuskripten andererseits integrieren sollte.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • 2009. Loanwords in Kanuri, a Saharan language. In: Haspelmath, Martin & Tadmor, Uri (Hg.) Lexical borrowing in cross-linguistic perspective. 2 vols. Berlin: Mouton de Gruyter. (mit H. Ekkehard Wolff, unter Mitarbeit von Ari Awagana) S. 166-190
    Löhr, Doris
  • 2009. Reduction of dialectal features in Kanuri as outcome of language contact. In: Norbert Cyffer & Georg Ziegelmeyer (Hg.) When Languages Meet – Language Contact and Change in West Africa. Köln: Rüdiger Köppe. S. 23-41
    Löhr, Doris
  • 2011. Die Kanuri/Kanembu Manuskriptkultur / The Kanuri/ Kanembu manuscript culture. In: Jörg Quenzer (Hg.) Ausstellungskatalog Faszination Handschriften. 2000 Jahre Manuskriptkulturen in Asien, Afrika und Europa. Manuscript cultures, Newsletter 4. / Research Group Manuscript Cultures in Asia and Africa. Universität Hamburg: Asien-Afrika-Institut. S. 61-67
    Bondarev, Dmitry & Doris Löhr
  • 2011. Differential subject marking in Kanuri: agentivity, pragmatics, and split-intransitive. In: Doris Löhr, Eva Rothmaler & Georg Ziegelmeyer (Hg.) Kanuri, Borno and Beyond - Current Studies on the Lake Chad Region. Köln: Rüdiger Köppe. S. 27-57
    Bondarev, Dmitry, Phil Jaggar, Doris Löhr & Abba Tijani
  • 2011. Kanuri, Borno and Beyond. Current Studies on the Lake Chad Region. Köln: Rüdiger Köppe. 208 S.
    Doris Löhr, Eva Rothmaler & Georg Ziegelmeyer (Hg.)
  • 2011. Topics in Chadic Linguistics VI. Comparative and Descriptive Studies. Papers from the 5th Biennial International Colloquium on the Chadic Languages. Leipzig, June 10-14, 2009. Köln: Rüdiger Köppe. 202 S.
    Doris Löhr & Ari Awagana (Hg.)
  • 2013 Leben und Sterben in Bol – die saharanische Verbalklasse I im Kanembu, Konferenzbeitrag zum 20. Afrikanistentag Universität zu Köln
    Löhr, Doris
  • 2013. Language change induced by written codes: a case of Old Kanembu and Kanuri. Scribes as Agents of Language Change. Hrsg. v. Esther-Miriam Wagner, Ben Outhwaite und Bettina Beinhoff. Berlin: de Gruyter. S. 291-324
    Bondarev, Dmitry
  • 2013. Performance of Multilayered literacy: Tarjumo of the Muslim Kanuri Scholars Studies in language change. Boston/Berlin: Mouton De Gruyter, S.142–53
    Bondarev, Dmitry & Abba Tijani
 
 

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