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Serbizität in Bosnien-Herzegowina zwischen Dialektloyalität und Ethnozentrismus

Fachliche Zuordnung Einzelsprachwissenschaften, Historische Linguistik
Förderung Förderung von 2009 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 109055879
 
Die „ethnischen Säuberungen“ im Bosnien-Krieg 1992-1995 und die Einrichtung zweier ethnisch basierter Entitäten stellen Bosnien-Herzegowina in eine Reihe mit Nordirland und dem Libanon und werfen die Frage auf, ob und wie Sprachgebrauch in fragmentierten Nachkriegsgesellschaften intralingual ethnisch markiert wird. Unser Erkenntnisinteresse zielt auf die rezente sprachliche Divergenz, die heute die supraethnische Akkommodation und die bosnische Variantenneutralität (zwischen Kroatisch und Serbisch) aus jugoslawischer Zeit ablöst. Mit Hilfe von matched guise-Tests sollen im Zentrum der Republika Srpska Banja Luka sprachliche Selbst- und Fremdwahrnehmung von Muslimen, Kroaten und Serben und somit erstmals Sprachwandel in Ex-Jugoslawien als Bottom-Up- Prozess analysiert werden. Hierfür fokussieren wir die Sprachattitüden bosnischer Serben, da ihre Identität zwischen Belgrad-orientiertem Ethnozentrismus und lokalpatriotischer Dialektloyalität die komplexeste ist. Das Projekt besitzt in zweifacher Hinsicht hohe politische Relevanz: Einerseits ist Sprache nach Giles/Sachdev 2004 Indikator für Integrationsbereitschaft bzw. Segregationspotenzial einer Gesellschaft und hat hohe Aussagekraft für die Nachhaltigkeit der aufwändigen Bosnien- Kriegsrückkehrerprogramme der UNO, aber auch für die serbische nationale Frage und somit die Befriedung des Westbalkans. Andererseits lässt sich gerade in Bosnien-Herzegowina zeigen, wie weit die Ausdifferenzierung der Nachfolgesprachen des Serbokroatischen gediehen ist und welche Konsequenzen sich hieraus für die EU-Sprachenpolitik im Südost-Erweiterungsprozess ergeben.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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