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Funktion von spannungsabhängigen Natriumkanälen nach Nervenfaserklassen

Fachliche Zuordnung Molekulare Biologie und Physiologie von Nerven- und Gliazellen
Förderung Förderung von 2009 bis 2014
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 114318428
 
Erstellungsjahr 2016

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Rahmen dieses Projektes wurde an transgenen Mäusen, denen jeweils die spannungsabhängigen Natriumkanäle NaV 1.8, NaV1.9 und NaV1.7 fehlen, untersucht, inwieweit diese Kanäle eine Bedeutung für die Weiterleitung von Aktionspotentialen und deren aktivitätsabhängige Veränderung in nociceptiven peripheren Nervenfasern haben. Hierbei sollte insbesondere ein Bezug zu den bei Mensch und Ratte bekannten Unterschieden dieser Eigenschaften zwischen verschiedenen Nervenfaserklassen hergestellt werden und daraus ein möglicher Rückschluss auf die Bedeutung des jeweiligen Natriumkanals in der Nervenfaserklasse gezogen werden. Hierzu wurde zunächst anhand von Einzelfaserableitungen untersucht, ob diese nervenfaserklassenabhängigen Unterschiede bei der Aktionspotentialweiterleitung auch bei Mäusen existieren, um anschließend transgene Tiere damit vergleichen zu können. Da die Möglichkeit besteht, dass Unterschiede zwischen in vivo und in vitro Versuchen bestehen, wurde im Rahmen des Projektes zunächst eine in vivo Methode zur Ableitung von Fasern des Nervus saphenus bei Mäusen neu entwickelt. Es zeigte sich jedoch, dass die Spezies Maus offenbar keine faserklassenspezifischen Unterschiede aufweist und sich damit von den anderen Spezies unterscheidet. Der geplante faserklassenspezifische Vergleich von Leitungseigenschaften wurde daher zugunsten eines übergreifenden Ansatzes verlassen und um ein faserklassenunspezifisches Massenableitungsverfahren (compound action potential) ergänzt, um Aussagen auf der Basis summierter Faserpopulationen gewinnen zu können. Bei den Einzelfaserableitungen war nunmehr eine reduzierte Fallzahl erforderlich, die dann über Klassengrenzen hinweg gepoolt ausgewertet werden konnte. Für beide Methoden wurde die aktivitätsabhängige (Einzel/Summen- )Aktionpotentialgrößenänderung als bisher in der Literatur nicht beschriebener zusätzlicher Parameter herangezogen. Hierbei ergab sich, dass das Fehlen eines der beiden NaV-Kanäle (1.8/1.9) paradoxerweise ein verbessertes Vermögen zeigte, hohen Stimulationsfrequenzen lange zu folgen, ihre Leitungsgeschwindigkeit stabil zu halten (weniger ADS) und ihre Aktionspotentialgröße stabil zu halten. Dem entgegen hat sich bei der konditionalen TTXs (NaV 1.7) KO-Linie eine deutlich verringerte Weiterleitungssicherheit (propagation safety) ergeben. Dies ist unserer Auffassung nach darauf zurückzuführen, dass in den TTXr KO Tieren keine ausreichende Kompensation des Natriumeinstroms durch andere (ggf. kompensatorisch aufregulierte) Kanäle stattfindet und die reduzierte Menge an Natriumeinstrom pro Aktionspotentiel sowie die relative Bedeutungszunahme des NaV1.7 Stroms zu der paradoxen Situation einer höheren Leitungssicherheit führt. Analog ergab sich in einer Projektkooperation für Erythromelalgiepatienten mit einer„gain-of Function“ Mutation des NaV1.7 (I848T) ein Wegfall eines bedeutenden negativen Rückkopplungsmechanismus, der aktivitätsabhängigen Subnormalität. Die z.T. in der Literatur auftretenden Widersprüche zwischen dem präsentierten Phänotyp (kongenitale Schmerzunempfindlichkeit bei NaV1.7 defizienten Tieren bzw. Schmerzattacken bei Erythromelalgiepatienten mit einer NaV1.7-I848T Mutation) und patchclamp Daten an Somata (Spinalganglien) lassen sich durch die hier berichteten Besonderheiten bei der peripheren Nervenleitung auflösen. Neben diesen Ergebnissen zur Bedeutung von NaV1.7/1.8/1.9 für die periphere Aktionspotentialweiterleitung konnte im Rahmen des Projektes noch gezeigt werden, dass, unerwartet und entgegen der bisherigen Beschreibung in der Literatur, NaV1.9 bedeutsam für die globale Erregungsschwelle von (unsensibilisierten) Nervenendigungen ist, d.h für mechanische, elektrische und thermische Reize sowie bei der Generierung von Spontanaktivität. Für die Untersuchung von Spontanaktivität durch unterschwellige Membranpotentialschwankungen wurde ein neues Modell entwickelt (Null-Kalium-Modell). Zusammenfassend zeigt das Projekt, dass die Bedeutung spannungsabhängiger Natriumkanäle für die Klinik von Schmerzerkrankungen nur durch Zusammenwirken vieler, insbesondere auch systemphysiologischer Methoden aufzuklären ist.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

 
 

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